Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16.
seinem Artille
rietrommel
feuer, so daß es
bei uns noch ver
hältnismäßig
ttthig zuging.
Nur ab rlnd zu
sauste pfeifend
ein Geschoß un
serer Artillerie
aus der zurück
liegenden Stel
lung über un
sere Köpfe hin
weg nach denr
Feinde zu. Wir
mußten uns un
ter der Führung
durch ein Ge
wirr von Grä
ben schlängeln,
Um den Regi-
mentsbeobach-
tungstand, der
noch leer war,
zu erreichen.
Hier begannen
wir sofort mit
dem Einbau der
Apparate. Gerade waren wir fertig damit, als einer von uns
über die Böschung hinwegblickte, um gleich darauf erschrocken
auszurufen: „Der Feind macht einen Gasangriff." Wir sahen
hinaus, da wälzte sich aus den feindlichen Gräben eine unab
sehbare Rauchwolke heran. Wir bekamen keinen geringen
Schreck, denn wir waren in unserem Bau nicht mit den
Niechpäckchen zum Schuhe gegen die betäubend wirkenden
Gase versehen. Der Regimentstand lag etwas abseits von
den übrigen Gräben. Der uns begleitende Unteroffizier lief
schnell fort, um die Niechpäckchen für uns zu holen. Inzwischen
beobachtete unser Feldwebel die Lage weiter. Der Feind hatte
begonnen, auch unseren Abschnitt mit seinem Artilleriefeuer
zu belegen; auch machte sich jetzt von den Gasen schon
ein etwas säuerlicher Geruch bemerkbar, der recht unan
genehm wirkte. Nun platzten auch in der nächsten Nachbar
schaft die feindlichen Granaten, und von einem Splitter in
den Kopf getroffen, sank unser Feldwebel plötzlich lautlos
zu Boden. Mein Begleiter, der Gefreite, lief eilends davon,
um Hilfe Zu holen, doch sah ich sofort, daß diese nicht mehr
nötig war. Der Tod des Kameraden war infolge der
schweren Verletzung auf der Stelle eingetreten. Ich war
nun in dem Unterstand allein mit dem Toten. Draußen
begann ein wahres Höllenfeuer, so daß ich dachte, die
Welt gehe un
ter. Von den
einschlagenden
Granaten wur
de die Erde em
porgeschleudert,
und die Sand-
massen drangen
in den Eingang
zunr Unterstand
hindurch. Das
Passieren des
Grabens schien
unmöglich. Ich
gab die Lage
durch das Tele
phon weiter.
DerMajor teilte
mir mit, daß er
in dein Batail
lonstand bleiben
würde. So von
der Umwelt ab
geschnitten,
mußte ich in
meinenr Unter
stand aushar
ren. Dieser war
zwar gut beto
niert, ob er aber einer einschlagenden schweren Granate stand
halten würde, erschien mir doch etwas zwetfelhaft. Durch die
telephonischen Meldungen, die ich in meinem Telephon hören
konnte, ließ sich der Verlauf des Kampfes verfolgen, teilweise
mußte ich auch die Gespräche mit vermitteln. Jetzt waren
auch vor unserer Front die Abwehrmaßnahmen gegen die
Wirkung des Gasangriffs getroffen worden. Unsere Artillerie
belegte inzwischen die feindlichen Gräben mit einein höchst
wirksamen Sperrfeuer. Dies war möglich, da der Feind
ja selbst einen Angriff geplant hatte, für den er den gün
stigen Zeitpunkt gekommen glaubte. Die Stellung unseres
Beobachtungstandes und unserer Maschinengewehre mußte
ihm wohl bekannt geworden sein, denn fast ausschließlich
richtete er sein Feuer auf unseren Abschnitt. Viermal ver
suchte dann der Feind seinen Angriff, doch immer wieder
wurde er zurückgeschlagen; dann erst flaute der Kampf ab.
Gegen 11 Uhr hörte der Höllenlärm nach und nach auf,
und auch in den Lüften wurde es allmählich wieder stiller.
Am Nachmittag wanderten wir beiden Telephonisten wieder
zu unserem Truppenteil zurück. Wer hätte aber zu Be
ginn unseres Kommandos gedacht, daß wir den Rückweg
ohne unseren Feldwebel antreten würden. Der ereignis
reiche Tag wird mir unvergessen bleiben.
Phot. Lereenigde Fotobureaux, Amsterdam.
Eine französische Gasbatterie, die giftige Gase zum Angriff enthält.
Phot. Emil Listenow, Wädenswil
Präsident Poincare hält eine Ansprache an die zur ersten Linie abgehenden französischen Truppen.