Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
seinem Artille 
rietrommel 
feuer, so daß es 
bei uns noch ver 
hältnismäßig 
ttthig zuging. 
Nur ab rlnd zu 
sauste pfeifend 
ein Geschoß un 
serer Artillerie 
aus der zurück 
liegenden Stel 
lung über un 
sere Köpfe hin 
weg nach denr 
Feinde zu. Wir 
mußten uns un 
ter der Führung 
durch ein Ge 
wirr von Grä 
ben schlängeln, 
Um den Regi- 
mentsbeobach- 
tungstand, der 
noch leer war, 
zu erreichen. 
Hier begannen 
wir sofort mit 
dem Einbau der 
Apparate. Gerade waren wir fertig damit, als einer von uns 
über die Böschung hinwegblickte, um gleich darauf erschrocken 
auszurufen: „Der Feind macht einen Gasangriff." Wir sahen 
hinaus, da wälzte sich aus den feindlichen Gräben eine unab 
sehbare Rauchwolke heran. Wir bekamen keinen geringen 
Schreck, denn wir waren in unserem Bau nicht mit den 
Niechpäckchen zum Schuhe gegen die betäubend wirkenden 
Gase versehen. Der Regimentstand lag etwas abseits von 
den übrigen Gräben. Der uns begleitende Unteroffizier lief 
schnell fort, um die Niechpäckchen für uns zu holen. Inzwischen 
beobachtete unser Feldwebel die Lage weiter. Der Feind hatte 
begonnen, auch unseren Abschnitt mit seinem Artilleriefeuer 
zu belegen; auch machte sich jetzt von den Gasen schon 
ein etwas säuerlicher Geruch bemerkbar, der recht unan 
genehm wirkte. Nun platzten auch in der nächsten Nachbar 
schaft die feindlichen Granaten, und von einem Splitter in 
den Kopf getroffen, sank unser Feldwebel plötzlich lautlos 
zu Boden. Mein Begleiter, der Gefreite, lief eilends davon, 
um Hilfe Zu holen, doch sah ich sofort, daß diese nicht mehr 
nötig war. Der Tod des Kameraden war infolge der 
schweren Verletzung auf der Stelle eingetreten. Ich war 
nun in dem Unterstand allein mit dem Toten. Draußen 
begann ein wahres Höllenfeuer, so daß ich dachte, die 
Welt gehe un 
ter. Von den 
einschlagenden 
Granaten wur 
de die Erde em 
porgeschleudert, 
und die Sand- 
massen drangen 
in den Eingang 
zunr Unterstand 
hindurch. Das 
Passieren des 
Grabens schien 
unmöglich. Ich 
gab die Lage 
durch das Tele 
phon weiter. 
DerMajor teilte 
mir mit, daß er 
in dein Batail 
lonstand bleiben 
würde. So von 
der Umwelt ab 
geschnitten, 
mußte ich in 
meinenr Unter 
stand aushar 
ren. Dieser war 
zwar gut beto 
niert, ob er aber einer einschlagenden schweren Granate stand 
halten würde, erschien mir doch etwas zwetfelhaft. Durch die 
telephonischen Meldungen, die ich in meinem Telephon hören 
konnte, ließ sich der Verlauf des Kampfes verfolgen, teilweise 
mußte ich auch die Gespräche mit vermitteln. Jetzt waren 
auch vor unserer Front die Abwehrmaßnahmen gegen die 
Wirkung des Gasangriffs getroffen worden. Unsere Artillerie 
belegte inzwischen die feindlichen Gräben mit einein höchst 
wirksamen Sperrfeuer. Dies war möglich, da der Feind 
ja selbst einen Angriff geplant hatte, für den er den gün 
stigen Zeitpunkt gekommen glaubte. Die Stellung unseres 
Beobachtungstandes und unserer Maschinengewehre mußte 
ihm wohl bekannt geworden sein, denn fast ausschließlich 
richtete er sein Feuer auf unseren Abschnitt. Viermal ver 
suchte dann der Feind seinen Angriff, doch immer wieder 
wurde er zurückgeschlagen; dann erst flaute der Kampf ab. 
Gegen 11 Uhr hörte der Höllenlärm nach und nach auf, 
und auch in den Lüften wurde es allmählich wieder stiller. 
Am Nachmittag wanderten wir beiden Telephonisten wieder 
zu unserem Truppenteil zurück. Wer hätte aber zu Be 
ginn unseres Kommandos gedacht, daß wir den Rückweg 
ohne unseren Feldwebel antreten würden. Der ereignis 
reiche Tag wird mir unvergessen bleiben. 
Phot. Lereenigde Fotobureaux, Amsterdam. 
Eine französische Gasbatterie, die giftige Gase zum Angriff enthält. 
Phot. Emil Listenow, Wädenswil 
Präsident Poincare hält eine Ansprache an die zur ersten Linie abgehenden französischen Truppen.
	        
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