Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Kämpfen unter Mitbeteiligung auch deutscher Truppenteile 
gestürmt (siehe das Bild Seite 385). Seit Monaten schon 
war diese dritte Verteidigungslinie mit allen Mitteln und 
Erfahrungen des von den Engländern den Serben gelehrten 
modernen Festungskrieges ausgebaut worden. In drei bis 
vier übereinandergetürmten Einzelfestuugen liefen die Beton.- 
bauten den Avalaberg hinan. Drahtverhaue, Wolfsgruben, 
spanische Reiter und Minenfelder umgürteten die Stel 
lungen mit einem Band fast uneinnehmbar scheinender 
Hindernisse. 
Ein in seiner Großzügigkeit unvergleichlich kühn durch 
geführter Angriff niederösterreichischer Infanterie von Nor 
den her brach in die Avalastellung und stürmte die nörd 
lich eingelagerte Kuppe 515. 
Von Westen her nahmen deutsche Truppen vom Haupt 
rücken Besitz. Die Serben, die wieder einmal den Befehl 
hatten, sich bis zum letzten Mann zu halten und starke 
Reserven in Bereitschaft hatten, die sie immer wieder ein 
setzten, kämpften mit verzweifelter Hartnäckigkeit. Es kam 
zu Bajonettkämpfen, die mit zu den wütendsten gehören, 
die dieser Krieg gesehen hat. Unsere Soldaten drangen 
bis in die Stellungen des Feindes, wo die fürchterlichsten 
Nahkämpfe stattfanden. 
Die Erstürmung dieser wichtigen 
serbischen Stellung gab den Weg 
frei zu einer ganzen Reihe an 
derer fester Punkte, die ebenfalls 
sämtlich durch die dicht dem Feinde 
folgenden verbündeten Truppen er 
obert wurden. Die Deutschen nah 
men beiderseits der Bahn Belgrad— 
Palanka auch noch den Petrovgro- 
berg sowie den Vk. Kamen und die 
Höhen südlich Rivotek an der Donau. 
Damit war das Höhengelände süd 
lich Belgrads in der Gewalt der 
Verbündeten. Die Armee des Ge 
nerals v. Gallwitz warf den Feind 
südwestlich von Semendria hinter 
die Ralja und von den Höhen bei 
Sapina und Makzi. 
Der Armee des bulgarischen Ge 
nerals Bojadjeff war die Erzwingung 
des Übergangs über den unteren 
Timok gelungen. Sie erstürmte da 
nach am jenseitigen Ufer den Elo- 
govicaberg östlich Knjazevac und er 
beutete 2 Geschütze und 200 Gefan 
gene. Auch in Richtung Pirot dran 
gen die Bulgaren weiter vor. 
Die Serben hatten in diesen ersten 
Kampftagen ungewöhnlich starke Ver 
luste an Geschützen, so allein an die 
Heeresgruppe Mackensen 68 Stück. 
Das verleitete die Serben, die mit ihrem Geschützmate 
rial ja nicht verschwenderisch umgehen konnten, zu einer 
Kampfesweise, der wir schon einmal gelegentlich des großen 
russischen Rückzuges auf dem östlichen Kriegschauplatz be 
gegnet sind. Sie wollten ihre Geschütze auf keinen Fall 
einbüßen und rückten damit so frühzeitig ab, daß die ser 
bische Infanterie die Sturmangriffe der verbündeten Gegner 
ohne Unterstützung durch die Artillerie bekämpfen mußte. 
Damit beraubte sie sich des wirksamsten Mittels, die kühnen 
Sturmangriffe der Verbündeten erfolgreich abweisen zu 
können. War das Aufgeben der dem Angreifer gegenüber 
gebotenen Kampfesart schon ein Anzeichen von Unsicher 
heit, so stieg die Verwirrung in den leitenden serbischen 
Kreisen bald noch mehr. Der Hof reiste von einer Stadt zur 
anderen, und der ganze diplomatische und höhere Verwal 
tungsapparat zog mit. Eben als das diplomatische Korps 
sich nach Vranska Banja, einem kleinen Badeorte zwischen 
Belgrad und Vranja begeben hatte, traf der dort ein 
gerichtete Hof schon Vorbereitungen zu einer Übersiedlung 
nach Pristina. Die Verlegung des Hofes dorthin war eine 
Maßnahme, die unleugbar eine Vorbereitung auf das 
Allerletzte hedeutete. Durch Wahl dieses Ortes wollte sich 
der Hof die Fluchtlinie zu dem verbündeten Montenegro 
oder über Monastir nach Griechenland offenhalten. 
Inzwischen blieben die im Avalagebiet geschlagenen Ser 
ben auch in den nächsten Tagen am Weichen beiderseits der 
nach Süden führenden Straße. Die österreichisch-ungarischen 
Truppen befanden sich jetzt schon im Angriff auf die noch 
nördlich von Ralja haltenden feindlichen Abteilungen. Die 
Österreicher und Ungarn eröffneten sich ferner den Weg 
durch das Macvagebiet, einen weit sich erstreckenden Sumpf 
raum östlich von Belgrad, der mit vieler Kunst für die 
Verteidigung eingerichtet war und in dem ebenso wie im 
Berggelände zunächst nur ganz allmählich Raum gewonnen 
werden konnte. Hier hatten die Serben die Stellungen 
äußerst geschickt zu verdecken verstanden. In hochragenden 
Maisfeldern, die der Ernte zu harren schienen, warteten 
serbische Feldgeschütze und Maschinengewehre, die in immer 
wieder neuen Schützengrabenvereinigungen hintereinander 
lagen, auf eine furchtbare Ernte unter den Reihen der an 
dringenden Angreifer. Diese wußten aber auch in der 
Macva mit den Serben fertig zu werden, wenn sie sich 
auch infolge der zahllosen Verteidigungspunkte in dem von 
ganz spärlichen schlechtesten Straßen durchzogenen Sumpf 
gebiet zur Vermeidung unnützer Opfer nur langsam vor 
zuschieben vermochten. Betonte doch General v. Kövesz 
in einer Unterredung mit dem Kriegsberichterstatter der 
Frankfurter Zeitung selbst den schlechten Zustand der Stra 
ßen, der den Krieg mit Serbien 
wohl zu dem Schwersten von allem 
mache, was dieser Krieg bisher ge 
bracht habe. Selbst die schlimmen 
Verhältnisse Galiziens sind hier weit 
übertroffen. Auf der Fahrt zum 
deutschen Korps, das der Armee 
Kövesz angegliedert ist, hatte ich, 
so schreibt der erwähnte Bericht 
erstatter, erst Gelegenheit, mich stau 
nend und erschreckt von der unbe 
schreiblichen Art dieser Straßen zu 
überzeugen. Eine Fahrt brachte mich 
in zwei Tagen so weit wie ich auf 
einer sonst in Europa üblichen Straße 
in einer Stunde gekommen wäre. 
Die Straßen sind von einen halben 
Meter hohem Schlamm bedeckt, da 
bei ist ein ewiger Wechsel in dem 
ansteigenden und abfallenden Ge 
lände mit notdürftigen Brücken. 
Kraftwagen bleiben im Schlamm 
stecken, Karren stürzen um. Tote, 
vor Erschöpfung niedergebrochene 
Pferde liegen in den Gräben. Die 
Menschen leisten Unerhörtes in diesen 
Strömen von Schlamm, in denen 
sie sich fortbewegen müssen. — Die 
Serben waren auch hier wieder dem 
stärksten Artilleriefeuer ausgesetzt, 
und so gelang es, sie schließlich mit 
Erfolg und unter schwersten Ver 
lusten für sie zu vertreiben. 
Die Deutschen kamen im Moravatale unaufhaltsam vor 
wärts und gewannen südöstlich von Pozarevac am 17. 
Mlornice und Bozevac. Von den Bulgaren meldeten die 
Serben am 18. Oktober selbst, daß diese mit starken Kräften 
auf der ganzen Linie angriffen und in der Nähe von Zajecar 
Raikow, Savat und Stoikbrdo „durchschritten" (das heißt 
eroberten). „Weiter südlich zwangen sie die Serben," sagte 
der Bericht wörtlich, „in der Richtung auf Knjazevac zurück 
zuweichen. Sie griffen ferner mit mehreren Regimentern 
weiter südlich bei Kriva-Palanka an der Straße nach Ku- 
manovo an. Es gelang ihnen, Tschupinobrdo zu erreichen, 
von wo aus sie Kumanovo—Vranja und die Eisenbahnlinie 
Risch—Saloniki bedrohen können." Tröstend heißt es nach 
dem offenen Zugeständnis so vieler Mißerfolge dann noch: 
„Die Serben leisteten an der Bregalnica mit Erfolg Wider 
stand." Ein wichtiger Erfolg der Bulgaren, den dieser Be 
richt, um nicht Zuviel des Herabstimmenden auf einmal zu 
bringen, verschwieg, war ihre Besetzung von Radujevac an 
der Donau. Der Ort war die Durchgangstation für die nach 
Serbien bestimmten russischen Munitionstransporte. Die 
Hauptfestung dieses Raumes war Negotin; die Bulgaren 
befanden sich schon im Angriff auf die schützenden Stel 
lungen des Ortes. Die erbittertsten Feinde der Serben 
kamen am nächsten Tage aber in dem eigentlichen Streit 
gegenstand, Mazedonien, zu einem besonders glänzenden 
Das von den deutschen, österreichisch-ungarischen und 
bulgarischen Truppen Anfang November besetzte Ge 
biet Serbiens.
	        
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