Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
lFortsotzung.j 
Nach dem Abflauen der österreichisch-ungarischen Offen 
sive gegen Serbien schleppten sich die Dinge auf der Baltan 
halbinsel während eines ganzen Jahres mit äußerster 
Langsamkeit dahin. Sowohl Griechenland als auch Rumä 
nien schienen mehrfach bereit, mit den Waffen in der 
Hand für den Vierverband Partei zu ergreifen. Der Höhe 
punkt der Gefahr für die Türkei und im Zusammenhang 
damit auch für die Mittelmächte war der Augenblick, in dem 
auf Betreiben des griechischen Ministerpräsidenten Veni- 
zelos (siehe Bild Seite 364) Griechenland dem englisch- 
französischen Dardanellenunternehmen durch seine Land 
macht zu Hilfe kommen sollte. Doch bald ließ sich deutlich 
erkennen, wie sich die Lage am Balkan gestalten würde. 
Die für Deutschland und seine Verbündeten günstige Ent 
scheidung wurde durch zwei Dinge herbeigeführt: der bul 
garische Ministerpräsident Radoslawow (siehe Bild Seite 277) 
ließ sich nicht in die Karten sehen. Niemand wußte deshalb, 
wie Bulgarien sich in einem solchen Fall verhalten würde. 
Venizelos, der die Entscheidung zugunsten des Vierverbandes 
mit dem Bleiben oder Fallen seiner Person verband, stieß 
auf den härteren Willen des griechischen Königs (siehe Bild 
Seite 363), seinem 
Volke in der unsiche 
ren Eesamtlage den 
Frieden zu erhalten, 
und fiel. Damit war 
in der verzwickten 
Balkanfrage eines 
klar: England konnte 
vorerst niemand ver 
leiten, seinem Dar 
danellenunterneh 
men Beistand zu 
leisten. Mit um so 
größerem Nachdruck 
suchten nun die eng 
lischen Balkandiplo 
maten im Verein 
mit den Gesandten 
der ihnen verbün 
deten Staaten ir 
gend eine Balkan- 
macht, Griechenland, 
Bulgarien oder Ru 
mänien, bündnisreif 
zu machen. In Grie 
chenland hatten sie 
das Glück, daß der 
deutschlandfreund 
liche Ministerpräsi 
dent Eunaris (siehe 
Bild Seite 364) in 
folge des Ausfalls 
der griechischen Par 
lamentswahlen sei 
nem Vorgänger 
Venizelos wieder 
Platz machen mußte. 
Allerdings bequemte 
sich Venizelos dem 
Könige gegenüber zu 
dem Versprechen, 
Griechenland nicht 
in den Krieg zu stür 
zen, sondern auf der 
Linie einer demVier- 
verbande oder we 
nigstens Serbien freundlichen Neutralität das griechische 
Staatsschiff an allen zukünftigen Klippen vorbeizusteuern. 
Indessen rollte in allen Balkanstaaten englisches, französisches 
und russisches Gold in die Taschen dienstbarer Geister in mehr 
oder minder einflußreichen Stellen. Doch gleichzeitig drangen 
die deutschen Heere in Rußland siegreich über Festungen und 
Flüsse immer tiefer in das eigentliche Rußland hinein und 
wirkten durch ihre Erfolge in allen Balkanländern stärker auf 
Ein großes französisches Geschütz wird an den Dardanellen an Land geschleppt. 
Ein hierzu besonders tragfähig gebautes Floß ist mit Sandsäcken beschwert, damit das Geschütz 
nicht abrollen kann, es vermag außerdem noch einen vollbepackten Wagen zu tragen. Das Ganze 
wird von der Landungstelle aus mit Tauen ans Ufer gezogen. 
Nach einer englischen Darstellung. 
die verantwortlichen Staatsmänner ein, als das Gold auf 
die unverantwortlichen. In allen Balkanstaaten wurden die 
leitenden Staatsmänner immer zurückhaltender und zeigten 
sich deutschen Einflüssen geneigter. Am zielsichersten ver 
hielt sich die bulgarische Regierung. Sie hoffte im innersten 
Herzen auf einen Sieg der Mittelmächte und der Türkei. 
Denn nur von dieser Mächtegruppe konnte sie eine un 
beschränkte Förderung bulgarischer Wünsche und ein ver 
ständnisvolles Entgegenkommen erwarten. Das bewies deut 
licher als alle Theorie der Verlauf der Verhandlungen mit 
der zu großen Opfern auch an Gebietsteilen sofort ent 
schlossenen Türkei. Die Vereinbarungen mit dieser schritten 
immer aussichtsvoller fort, wenn auch, schon aus Klugheits 
gründen, die Verhandlungen mit dem Vierverband in Sofia 
niemals unterbrochen wurden und dadurch den Vierver- 
baudsdiplomaten immer wieder neuer Anlaß zu in Wirk 
lichkeit schon gegenstandslos gewordenen Hoffnungen gegeben 
war. Radoslawow hatte mit einer starken russenfreundlichen 
Partei seines Landes zu rechnen. Weite Kreise Bulgariens, 
die aber durch sorgsame Aufklärung über den Zusammen 
hang der Tatsachen immer enger geworden waren, hielten 
zu Rußland, weil sie 
sich durch seine Mit 
hilfe von der Herr 
schaft der Türken be 
freit glaubten. Sie 
übersahen dabeivoll- 
ständig, daß die Rus 
sen nur deswegen 
als Helfer der bul 
garischen Sache auf 
getreten waren, weil 
zufällig die bulga 
rischen Freiheits 
wünsche mit den 
gegen die Türkei 
gerichteten Absichten 
der Russen eine 
Strecke lang gleich 
liefen. Diese Einsicht 
brach sich aber mehr 
und mehr Bahn und 
ließ Bulgarien in 
seiner großen Mehr 
heit schließlich zu der 
neuen Politik seines 
Ministerpräsidenten 
Radoslawow reif 
werden, der im An 
schluß an die Mittel 
mächte die Zukunft 
Bulgariens sicher 
stellen wollte. Sein 
Vertrauen auf deren 
militärische Kraft 
hatte sich gerecht 
fertigt, und unan 
greifbar stand er und 
sein Plan da, als er 
am 20. September 
mit dem ersten 
großen tatsächlichen 
Erfolg seiner Politik 
an die Öffentlichkeit 
treten konnte. An 
diesem Tage gab er 
wichtigeErklärungen 
über die damalige politische Lage Bulgariens ab. Danach 
war der türkisch-bulgarische Vertrag bereits vollzogene Tat 
sache. Von dem bulgarischen Zaren und dem türkischen Sultan 
und den verantwortlichen Ministern für äußere Politik der 
beiden Länder war er unterzeichnet und von den Regierungen 
genehmigt worden. Bulgarien erhielt nach diesem Vertrag 
die Landesteile westlich der Tundscha. Die neue Grenze 
(siehe die Kartenskizze Seite 362) läuft im Osten fortan 
Amerika». Copyright 1916 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. 
III. Band. 
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