Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
sehen, wie bald es in eine strategisch schwierige Lage 
kommen werde. Wie alle Welt, so nahm auch der öster 
reichisch-ungarische Generalstab an, daß Rußlands Heer 
erst nach Verlauf einiger Zeit operationsfähig an den Grenzen 
Galiziens auftreten werde. Mithin schien noch Zeit zu sein, 
in kurzem, kräftigem Anlauf den unmittelbaren Urheber 
des blutigen Weltkrieges über den Haufen zu rennen und 
zu strafen. Sonach verfügte der österreichisch-ungarische 
Eeneralstab über seine sofort verwendbaren Kräfte der 
art, daß von zwei Seiten die serbische Grenze über 
schritten werden sollte, einmal an der Nordwestecke des 
Landes, in der sogenannten Macva, einer Landschaft Ser 
biens, und ferner längs der Drinagrenzs, besonders im 
Raume von Visegrad, nahe dem Endpunkt der Bahn von 
Serajewo. Rußlands Hinterlist störte den österreichisch 
ungarischen Kriegsplan gegen Serbien. Die Mobilisierung 
der feindlichen Heere mitten im Frieden hatte ihr beschleu 
nigtes Auftreten an der russisch-österreichischen Grenze zur 
Folge, wodurch die Donaumonarchie gezwungen wurde, 
die gegen Serbien angesetzten Kräfte erheblich zu ver 
mindern. Immerhin konnte Anfang November 1914 ein 
Angriff gegen Serbien eingeleitet werden, der viel ver 
sprach. Der Führer des neuen Heeres, Feldzeugmeister 
Potiorek, war voller Hoffnung. Aus der Grenzbewachung 
heraus geschah der Vormarsch, und zwar in breiter Front 
mit dem Ziel Valjewv im Kolubaratal. Andere Heeres 
teile wurden gegen die Donanfront zwischen. Belgrad 
und Mitrowitz angesetzt und sollten von Norden her den 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen (deut 
schen und österreichisch-ungarischen Regimentern usw.) und 
anderen, ausschließlich österreichisch-ungarischen Truppen, die 
vorher in Bosnien in Reserve gestanden hatten, zur Ver 
wendung entweder gegen Serbien oder gegen Italien. Die 
Heeresgruppe Mackensen setzte sich aus mehreren Armeen zu 
sammen. Die eine steht unter dem Befehl des k. u. k. Gene 
rals der Infanterie v. Kövesz (siehe Bild Seite 211), eines 
äußerst tüchtigen Führers, der bereits Jwangorod in diesem 
Kriege eroberte und dann zur Heeresgruppe Prinz Leopold 
von Bayern eingeteilt wurde, wo er das ungarische Sieben 
bürger Korps mit Erfolg führte. Jetzt wurden ihm die 
Unternehmungen im westlichen Abschnitt der Angriffsfront 
übertragen, während im östlichen Abschnitt, von Belgrad 
bis zum Eisernen Tor, der General der Artillerie v. Gallwitz 
(siehe Bild Seite 108) eine Armee befehligte, den wir bereits 
kennen aus seinem siegreichen Anstürmen gegen die Narew- 
Bobr-Linie, aus dem Vormarsch gegen und über die Bug 
linie und aus den Kämpfen in Litauen. In Belgrad selbst 
trafen sich die Flügel beider Armeen und eroberten am 
9. Oktober nach heftigem Kampfe die nach allen Seiten stark 
befestigte Stadt. Hier hatten seit langer Zeit englische In 
genieure die Feld- und Festungsstellungen nach den neuesten 
Erfahrungen ausgebaut, während der Vierverband die ser 
bische Armee erheblich verstärkte durch schwere Batterien, 
Munition aller Art und Lebensmittel. Rumäniens und 
Griechenlands Neutralität hinderte nicht daran, daß während 
der ganzen Dauer des Krieges derartige Zufuhren von 
Kriegsmaterial auf den Eisenbahnlinien 
und auf der Donau nach Serbien ge 
langten. 
Die Armeen der Verbündeten hatten 
die schwierige Aufgabe, angesichts der 
serbischen Artillerie den Fluß zu über 
schreiten. Dazu war vor allen Dingen 
eine starke vorherige Artilleriewirkung 
von unserer Seite erforderlich. In ge 
waltigem Trommelfeuer, das mehrere 
Tage andauerte, machte unsere schwere 
Artillerie die serbischen Befestigungen 
sturmreif, und dann begann das Über 
setzen der Sturmkolonnen und konnte 
gelingen, weil die serbische Artillerie 
niedergekämpft war. Schon am 11. Ok 
tober stand fest, daß die serbische Ar 
mee die Verteidigung ihrer Nordgrenze 
aufgegeben hatte. In der Macva und 
längs der Save bis Belgrad zog sich 
der Feind ins Innere zurück, und die 
Armee Kövesz gewann Raum. Auf 
der Donaustrecke von Belgrad bis zu 
den Festungswerken von Gradiste gelang es, den Fluß 
zu überqueren: hauptsächlich bei Gradiste selbst, im Donau 
bogen bei Ram, auf den die Bahn von Temesvar in 
Südungarn hinführt, und im Raume von Semendria. 
Bei Ram waren die serbischen Befestigungen besonders 
stark und mußten von der Armee Gallwitz im Sturme 
genommen werden. Bei Belgrad zogen die Serben nach 
ihrem unglücklichen Straßenkampf nicht ohne weiteres 
nach Süden ab. Sie setzten sich vielmehr auf den Höhen 
zwischen Zarkowo und Mirijewo aufs neue fest, und zwar 
in vorbereiteten Stellungen. Am 10. Oktober erstürmten 
die Verbündeten auch diese starken Bollwerke und be 
fanden sich um dieselbe Zeit in scharfem Kampfe weiter 
östlich im breiten Donauwinkel von Belgrad. Östlich von 
Gradiste donnerten überall die schweren Geschütze über den 
Fluß hinüber auf die serbischen Stellungen. Der Übergang 
über den Fluß konnte in diesem Raume damals noch nicht 
ausgeführt werden. Das erscheint ohne weiteres erklärlich, 
wenn man sich die Gestaltung der Donauufer vergegen 
wärtigt. Tief eingeschnitten in schroffe Höhenzüge liegt das 
Bett des Stromes, nördlich erreichen die Berge fast 1000 
Meter Höhe und sind südlich zwischen 750 und 800 Meter 
hoch. Nur schmale Täler führen in das serbische Bergland 
hinein, dessen Höhen zum Bandenkrieg einladen. 
Das serbische Heer hat fast ein Jahr lang Zeit gehabt, 
sich von seinem Kriege gegen Osterreich-Üngarn zu erholen. 
Die Feldarmee wird etwa 10 Divisionen stark sein, und 
jede Division kann vermutlich über 30 000 Mann verfügen. 
Die Geschützstärke der Operationsarmee und der Festungs- 
Phot. Leipziger Preffe-Büro. 
Partie am »Eisernen Tor", wo die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen den Übergang 
über die Donau nach Serbien erzwangen. 
Einmarsch durchführen. Nach heftigen Kämpfen standen die 
österreichisch-ungarischen Heere in der Hauptsache schließ 
lich zwischen Belgrad, das am 2. Dezember 1914 erobert 
wurde, und dem Raume von Arangjelowac, südlich der 
Hauptstadt. Andere Teile befanden sich im Gebirge zwi 
schen Valjewo und dem Morawatal. Da rafften sich die 
Serben zu einem kräftigen Vorstoß auf, und es gelang 
ihnen, die Räumung des besetzten Gebietes einschließlich 
Belgrads zu erzwingen. Von jetzt an schwieg der öster 
reichisch-ungarische Krieg mit Serbien. An den Grenzen 
lagen sich die Feinde beobachtend gegenüber. 
Am 20. September 1915 bekam der neue deutsch 
österreichisch-ungarische Kriegsplan greifbare Gestalt, als 
die verbündeten Artillerien ihren Kampf gegen die serbischen 
Stellungen südlich der Donau bei Semendria eröffneten. 
Auch Belgrad wurde mit schweren Geschützen bombardiert, 
und österreichisch-ungarische Abteilungen vertrieben die 
serbischen Kräfte an der Drina. Am 3. Oktober setzte 
von neuem gegenüber der Kolubaramündung der Ar 
tilleriekampf ein und nahm die serbischen Batterien zum 
Ziel, die m Raume von Obrenowac eingebaut waren. 
Dann stellte sich bald heraus, daß der Aufmarsch der ver 
bündeten Heere vollendet war, und zur gleichen Zeit über 
schritten ihre Streitkräfte die Drina, Save und Donau 
an vielen Stellen. Wiederum wurde Serbien an seiner 
Nord- und Westgrenze bedroht. Von Visegrad an der Drina 
über Mitrowitz, Sabac, Belgrad, Semendria bis zum 
Eisernen Tor umklammerten mehrere unserer Heere den 
Feind. Sie waren zusammengesetzt aus der neugebildeten
	        
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