Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

226 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
mit demselben völlig überrascht. Generaloberst v. Woyrsch 
hatte sich am linken Weichselufer bis gegenüber Nowo- 
Alerandria herangearbeitet. Die Russen waren dadurch 
gezwungen gewesen, ihre stark ausgebauten Stellungen bei 
Radom aufzugeben und sich auf beiden Ufern der Weichsel 
zurückzuziehen. Weil die Weichsel in der Gegend von 
Rowo-Alerandria ziemlich schmal ist und auch keine der Zum• 
Widerstand gut geeigneten Inseln bildet, erwarteten die 
Russen dort den Übergang. Infolge eines geschickt an 
gelegten Manövers stand aber die deutsche Armee nach zwei 
Tagen urplötzlich nordöstlich von Jwangorod und erzwang 
sich am 28. Juli zwischen Kosenizy und Domaszew den 
Übergang, über den wir auf Seite 210 einen eingehenden 
Sonderbericht brachten. 
In wütenden Vorstößen versuchten die Russen die ver 
bündeten Gegner von dem Ostufer der Weichsel zu ver 
treiben oder wenigstens die Durchschreitung der sich an den 
Fluß anlehnenden Waldzone zu verhindern. In der Nacht 
vom 30. zum 31. Juli setzten sie von Podblocie und Pa- 
protnia einen Angriff gegen den deutschen rechten Flügel 
an. Dabei kamen sie in das Flankenfeuer österreichisch- 
ungarischer Maschinengewehre und mußten unter schwersten 
Verlusten schleunigst zurückgehen. Ein andermal wurden 
Übersetzen deutscher Landsturmmänner auf der Weichsel bei Warschau 
in Praga. 
die östlich von Kosenizy auf dein Damm gegenüber Woi- 
towstwo festgesetzten Russen von der österreichisch-ungarischen 
Artillerie wie weggefegt. Vom 31. Juli zum 1. August 
chen Flügel an. Sie 
en, sondern die Deut- 
ark genug zum erfolg 
griffen die Russen den linken deut 
wurden aber nicht nur zurückgewor 
scheu waren hier auch schon längst ~ 
reichen Gegenstoß, bei dem sie das Dorf Oronne südöstlich 
Donaszow nahmen. Indessen war rechts der Weichsel auch 
die 4. österreichisch-ungarische Armee vorwärtsgekommen und 
näherte sich der Festung Jwangorod von Südwesten. Da 
mit war für die der Armee Woyrsch angegliederten Truppen 
des österreichisch-ungarischen Generals v. Kovesz (siehe Bild 
Seite 211) die Zeit zum Angriff auf die Vorwerke von 
Jwangorod gekommen. Sie waren terrassenmäßig gegen 
die Angreifer vorgeschoben und boten mit ihrem Gewirr 
von Stacheldrahtverhauen und Schützengräben eine äußerst 
starke Verteidigungstellung. Langsam arbeitete sich dre In 
fanterie an die Drahtverhaue heran. In der Nacht vom 
31. Juli auf den 1. August ward die Artillerie herangeschafft. 
Nach vorbereitender Beschießung begann am 3. von mor 
gens vier Uhr an der Sturm. Die Infanterie arbeitete 
sich unter dem vernichtend wirkenden Feuer der Artillerie 
von einem Drahtverhau zum anderen durch. Um neun Uhr 
setzte der Hauptsturm ein, der gegen elf Uhr zur Eroberung 
von acht Vorwerken und der Wegnahme von 2300 Ge 
fangenen, 32 Geschützen, worunter 21 schwere, und 2 Mör 
sern nebst überreichlichem Kriegsmaterial aller Art führte. 
Uber die Besetzung Jwangorods brachten wir ebenfalls 
einen ausführlichen Einzelbericht aus fachmännischer Feder 
(siehe Seite 211). 
Mit fieberhafter Eile hatten die Russen die starke Festung 
Jwangorod geräumt, um nicht erneute schlimme Einbuße 
an hochwertigem Kriegsmaterial zu erleiden. Immerhin 
bereiteten sie der Armee Woyrsch in ihrem weiteren Vor 
dringen erhebliche Schwierigkeiten. Doch schon am 5. August 
mußten sie wieder einige ihrer Stellungen aufgeben. Am 
7. wichen sie vor dem unwiderstehlichen Druck der Armee 
nach Osten aus. Am 8. August waren die verbündeten 
Truppen bereits in scharfer Verfolgung hinter ihnen her 
und erreichten zwischen der Eisenbahn Jwangorod—Lukow 
und dem Orte Earwolin die große Heerstraße Warschau— 
Lublin. Am 9. erreichte v. Woyrsch die Gegend nördlich 
und östlich von Zelechow und konnte nunmehr die erstrebte 
Vereinigung mit dem linken Flügel der Armee Mackensen 
herbeiführen. Damit war es den Russen unmöglich ge 
macht, sich störend zwischen die beiden großen Hauptarmeen 
der Verbündeten einzuschieben. 
Die Gefahr einer vernichtenden Umklammerung, die 
den russischen Oberstkommandierenden zum Abbau der 
russischen Frontim Raume von Jwan 
gorod gezwungen hatte, veranlaßte 
ihn auch, mit aller Macht die Heeres 
gruppe in der Gegend von Warschau 
rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. 
In den Rückzug der Russen griff 
die deutsche Luftflotte durch Angriffe 
auf die Bahnlinien östlich von War 
schau am 2. August sehr erfolgreich 
ein (siehe Bild Seite 125). Am 
3. warf die Armee des Prinzen Leo 
pold von Bayern, der damit zum 
erstenmal in dem deutschen General 
stabsberichte genannt wurde (siehe 
Bild Seite 121), die Russen aus der 
Blonievorstellung in die äußeren 
Fortslinien von Warschau und schritt 
unverzüglich zu einem Angriff auf 
die Festung. Schon in der Nacht auf 
den 5. August durchbrach und nahm 
sie die äußere und innere Fortslinie, 
in der russische Nachhut noch zähen 
Widerstand leistete, und besetzte am 
Nachmittag des 5., einen Tag nach 
der Einnahme von Jwangorod, auch 
die Stadt Warschau. Damit war die 
Hauptstadt Polens, die stärkste Festung 
Rußlands, im Besitz der Deutschen. 
Die Bevölkerung empfand den Ein 
zug der deutschen Truppen (siehe die 
Kunstbeilage) als Erlösung aus mo 
natelanger russischer Drangsal. Die Russen hatten sogar 
daran gedacht, die Millionenstadt, einen der wichtigsten 
europäischen Kulturmittelpunkte, einzuäschern, so wie einst 
Moskau ein Raub der Flammen wurde. Die Über 
wältigung der Festung gelang aber so schnell, daß die 
Russen diesen furchtbaren Plan nicht mehr ausreichend 
vorbereiten konnten. Die russischen Nachhuten, die kämpfend 
die Stadt verließen, hätten gegen den Willen der Bevölke 
rung das grause Werk nicht mehr ausführen können. Die 
Bedeutung der gewaltigen Festung war von den Feinden 
Deutschlands zu oft hervorgehoben worden, als daß die Ver 
breitung der Auffassung, daß Warschau von den Russen aus 
strategischen Gründen freiwillig geräumt worden sei, noch 
Eindruck hätte machen können. Der Tag von Warschau, 
der Deutschland und Österreich-Ungarn zu froher Sieges 
stimmung aufrief und auch in Konstantinopel begeistert ge 
feiert wurde, zeigte der ganzen Welt die unwiderstehliche 
Schlag- und Stoßkraft der deutschen Heere und wirkte auch 
in gewissem Maße auf die Haltung verschiedener Balkan 
länder, wenn sich auch ein Umschwung der Gemüter zu 
gunsten der Mittelmächte vorerst noch nicht bemerkbar machte. 
Die Russen straften ihre Behauptung, daß sie die pol 
nische Hauptstadt aus Schonung geräumt hätten, selbst 
Lügen, indem sie sie von Praga aus beschossen, wobei ihre 
Absicht der Zerstörung des polnischen Königsschlosses (siehe 
Bild Seite 128) deutlich zutage trat. Denn das Gra 
Phot. R. Senneüe, Berlin. 
zum Bewachungsdienst
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.