Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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Jllustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
Feierliche Einweihung einer türkischen Munitionsfabrik an den Dardanellen.
Phot. A. GrohZ, Berlin.
freundlich für die Mittelmächte. Auch die Opposition
bröckelte zusehends ab. Es verbreitete und verstärkte sich
die Einsicht, daß die bulgarischen Soldaten nur noch an
der Seite der Deutschen, Österreicher und Ungarn auf
dem Kampfplatz erscheinen könnten.
Während das diplomatische Hin und Her auf der Balkan
halbinsel sich zu hitzigen Scharmützeln steigerte, schwiegen
die Gewehre und Geschütze fast vollständig. Abgesehen von
Uleingefechten an der montenegrinischen und serbischen
Grenze, von Fliegerbesuchen meist ungefährlicher Art hin
über und herüber und kleinen Zusammenstößen in Albanien,
ereignete sich nichts. Gegen Ende August erfolgten an der
montenegrinischen Front unbedeutende Angriffstöße bei
Bilek und Grahowa, die von den österreichisch-ungarischen
Erenzwächtern aber mühelos zurückgewiesen wurden. Die bul
garisch-serbischen Bandenkämpfe lebten gegen Ende August
und Anfang Septem
ber in der Nähe von
Kotschana wieder auf.
Dort kam es zwischen
bulgarischen Komitatschi
und serbischen Soldaten
zum Kampf. Ein An
zeichen für die unruhiger
gewordene Angriffslust
der Bulgaren gegen die
ihnen aus dem Grund
ihrer Seele verhaßten
Serben.
Zu ernsthaftem Auf
treten war für Bulgarien
und auch für Rumänien
der Ernte wegen in die
sem Zeitabschnitt kein
geeigneter Augenblick.
Die Aussichten für die
Zukunft standen für die
Mittelmächte und die
Türkei auf dem Balkan
nicht schlechter als in der
vorhergegangenen Zeit,
es ließ sich sogar eine
deutliche Wendung zum
Besseren feststellen, die
zu der Hoffnung auf eine
freundliche Zukunft, be
sonders in Hinblick auf Bulgarien, berechtigte.
Wir schilderten auf Seite 202 den glänzenden Waffen
erfolg, den auf dem östlichen Schauplatz die Armee
Mackensen mit dem mühsamen, unvergleichlich schneidig
durchgeführten Durchbruch am Wieprz erzielte. Er brachte
sie in den Besitz der überaus wichtigen Bahnlinie Cholm—
Lublin und gab ihr und den benachbart kämpfenden Öster
reichern und Ungarn in unmittelbarer Folge auch die ge
nannten Städte in die Hand (siehe Seite 188). Wie schon
von den früheren Erfolgen der Armee Mackensen ging auch
von diesem neuen Sieg eine ruckmäßige Vorwärtsbewegung
der gesamten östlichen Front der Deutschen und der Öster
reicher und Ungarn aus. Sie wurde nachdrücklich verstärkt
durch die Erfolge der Armee Below, die nach ihrem sieg-
Phot. Berk. Ikknstrat.-Ges. m. b. H.
Bombenherstellung mittels alter Konservenbüchsen durch englische Truppen auf Gallipoli.
reichen Sturm auf Mitau
den Russen hart auf den
Fersen blieb. Am 2. Au-
gust begannen die Russen
vor dieser Armee nach
heftigen Kämpfen auch
in der Gegend östlich von
Ponewjesh zu weichen.
In weiterem Vorgehen
überschritten die Deut
schen die Straße Wobol-
niki—Subocz und nah
men den Russen 2 Ma
schinengewehre und 1250
Mann. Bei der Fort
setzung ihrer scharfen Ver
folgung des schleunig
weichenden Feindes ge
langten die Deutschen am
3. August in die Gegend
von Kupischki. Am näch
sten Tage ward die rus
sische Kavallerie von deut
scher Reiterei bei Genaize,
Birshi und Onikschty aus
dem Felde geworfen. Am
5. August kam es nun
mehr schon 60 Kilometer
nordöstlich von Ponew
jesh zu erneuten, für die Deutschen erfolgreichen Reiter-
zusammenstößen in der Gegend von Popel und bei Kowarsk
und Kurkle nordöstlich von Wilkomierz. Am nächsten Tage
wurden die Russen noch weiter östlich hinter die in nord
südlicher Richtung fließende Jara zurückgeworfen. Bei diesen
Kämpfen machten die Deutschen einmal in zwei Tagen
2225 Mann und 2 Offiziere zu Gefangenen. Allmählich
gelang es den Russen, durch erhebliche Verstärkungen die
deutsche Verfolgung an dieser Stelle zu vorläufigem Still
stand zu bringen. Östlich von Mitau und in der Gegend
östlich von Wupischki erfolgten nunmehr sogar russische
Gegenstöße. Sie wurden in der ganzen Zeit kräftig und
erfolgreich zurückgewiesen. Am 17. August fielen den un
erschütterlich allen Stürmen standhaltenden Deutschen wieder
einmal 3 Offiziere, 625 Mann und 3 Maschinengewehre
in die Hand.
Das Vorgehen auf den Flügeln übte einen bedrohlichen
Druck auf die gesamte weit westlich vorspringende russische
Front aus. Die Erfolge der Armeen Mackensens und Be-
lows, Hindenburgs nördlichster Teilarmee, zwangen den
russischen Oberbefehlshaber, seine Maßnahmen der Zu
rücknahme der russischen Front anzupassen; er mußte wäh
len zwischen einer Angriffsbewegung oder einem unzwei
deutigen Rückzüge. Er wählte den letzteren. Ungestüm
drängten die verbündeten Heere nach. Besonders die im
Anschluß an die Armeen zwischen Bug und Weichsel kämp
fende Armee Woyrsch gewann Gelegenheit zu entscheiden
den Vorstößen gegen einen mürbe werdenden, um seinen
Rückzug besorgten Feind. Rach der Eroberung der Höhen
östlich von Podzamcze drang sie unter steten hartnäckigen
Kämpfen scharf gegen Osten vor.
Diese Armee hatte mit dem Übergang über die Weichsel,
der von den weittragendsten Folgen war, eines der schnei
digsten Manöver des Feldzuges ausgeführt und die Russen