Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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Golf von Trieft ein Fahrzeug auf österreichisch-ungarische 
Minen und flog in die Luft, ohne daß man damals wegen 
des stürmischen Wetters erkunden konnte, welcher Art das 
Opfer war. Bald stellte sich aber heraus, daß es das ita 
lienische Unterseeboot „Nautilus" gewesen war, das dabei 
mit der ganzen Bemannung unterging. Schon früher waren 
das italienische Torpedoboot 6 pn. und das Torpedoboot 
17 p8. mit ihren ganzen Bemannungen den österreichisch- 
ungarischen Minen zum Opfer gefallen. Einige Tage später 
hatte die italienische Flotte schon wieder eine Einbuße zu 
beklagen. Bei Pelagosa gelang es am 5. August früh einem 
k. u. k. Unterseeboot, das italienische Unterseeboot „Nereide" 
zu versenken. Am 11. erschienen österreichisch-ungarische 
Fahrzeuge abermals vor italienischen Küstenbahnanlagen 
von Molfetta bis Seno San Georgio und beschossen diesen 
Teil der italienischen Küste. In Molfetta wurden vier 
Fabriken und zwei Straßenbahnviadukte stark beschädigt; 
ein Viadukt stürzte ein, eine Fabrik geriet in Brand. In 
San Spirito brannten der Bahnhof und verschiedene Nieder 
lagen bis auf den Grund nieder. In Bari wurden das 
Kastell, das Semaphor, die Bahn und fünf Fabriken be 
schossen, von. denen eine in Flammen aufging. Die Stadt 
war ganz in Staub- und Rauchwolken gehüllt, in der Be 
völkerung herrschte große Bestürzung. In vergeblicher Ab 
wehr richteten italienische Geschütze mittlerer Größe ihr 
Feuer gegen die österreichisch-ungarischen Zerstörer. Auch 
der Angriff eines italienischen Unterseeboots mißlang. Die 
k. u. k. Fahrzeuge konnten völlig unversehrt zurückkehren. 
Auch vor Bari war außer dem erwähnten Unterseeboot von 
feindlichen Seestreitkräften wieder nichts zu sehen gewesen. 
Am 10. August verlor die italienische Flotte abermals 
ein Kriegschiff. Wieder im Golf von Triest, wo es auf eine 
Mine geriet und versank; von der Besatzung konnte nie 
mand gerettet werden. An demselben und am darauffol 
genden Tage belegten österreichisch-ungarische Seeflugzeuge 
die Insel Pelagosa mit Bomben, wobei sie mehrere wirk 
same Treffer am Leuchthaus, an der Radiostation, an einem 
Wohngebäude, am aufgestapelten Material und in der 
Abwehrmannschaft erzielten. Ein feuerndes Geschütz mittlerer 
Größe wurde voll getroffen, ein Maschinengewehr gebrauchs 
unfähig gemacht und ein Tender versenkt, während die 
Flugzeuge trotz heftiger Beschießung wohlbehalten zurück 
kehren konnten. Am 17. August erschien abermals ein 
kleines österreichisch-ungarisches Geschwader vor Pelagosa 
und beschoß die Insel zum drittenmal, während zugleich 
ein Flieger mit Bomben, Maschinengewehren und Flieger 
pfeilen angriff. Hierbei wurde das nach der vorherigen 
Beschießung wieder zum Wohnen hergerichtete Leuchthaus 
zerstört; Baracken und Zelte wurden in Brand geschossen, 
ein Geschützstand zerschossen, mehrere Materialniederlagen, 
einige am Strande aufgestapelte Materialhaufen und meh 
rere Boote vernichtet. Die Besatzung hielt sich in Schützen 
gräben und unterirdischen Unterständen versteckt und leistete 
keinen Widerstand; auch diesmal wurden keine feindlichen 
Seestreitkräfte gesichtet. Als am 21. August wieder eine 
österreichisch-ungarische Flotte vor Pelagosa erschien, konnte 
festgestellt werden, daß die Insel von den Italienern voll 
ständig geräumt, alle Baulichkeiten und Verteidigungsan 
lagen zerstört waren. Auch Venedig mußte im August 
die Bomben österreichisch-ungarischer Flugzeuge spüren; 
am 15. erschien ein solches über den Lagunen und be 
legte vier Küstenforts mit Bomben, von denen fast alle 
innerhalb der Werke erplodierten. Von fünf feindlichen 
Fliegern, die sich zur Verfolgung anschickten, wurden zwei 
beim Aufstieg durch Maschinengewehrfeuer zur Umkehr 
und Landung gezwungen, zwei gaben die Verfolgung nach 
einiger Zeit auf, während der letzte feindliche Flieger dem 
österreichisch-ungarischen Flugzeuge bis in die Nähe der 
istrischen Küste folgte, wo er — ohne etwas erreicht zu 
haben — umkehren mußte. Trotz heftiger Beschießung 
durch die feindlichen Kriegschiffe und Forts konnte der ver 
wegene Angreifer wohlbehalten zurückkehren. Im August 
ging den Italienern noch ein zweites Luftschiff, die 
„Cittä di Jesi", verloren. Es wurde um die Mitternacht vom 
5. auf den 6. August bei dem Versuch, über den Hafen 
von Pola zu fliegen, durch Schrapnellfeuer heruntergeholt, 
bevor es irgendeinen Schaden anrichten konnte. Die ge 
samte Bemannung, die aus drei Seeoffizieren, einem Maschi 
nisten und zwei Mann bestand, wurde gefangen genommen 
und das Luftschiff nach Pola gebracht. 
Leider hat der Krieg zur See auch der österreichisch-un 
garischen Flotte Opfer auferlegt, ohne die es nun einmal 
bei einem Kriege nicht abgeht. Am 13. August meldete 
das k. u. k. Flottenkommando, daß das Unterseeboot „U 12" 
von einer Erkundungsfahrt in der Nordadria nicht zurück 
gekehrt sei, während man aus amtlicher italienischer Mel 
dung erfuhr, „ll 12" sei mit seiner ganzen Bemannung 
versenkt worden. Uber dieses Ereignis und den Führer des 
Fahrzeugs, Linienschiffsleutnant Lerch, finden unsere Leser 
Näheres in unserem Sonderbericht auf Seite 175. 
Am Morgen des 12. August wurde ein auf einer Fahrt in 
der unteren Adria befindlicher italienischer Hilfskreuzer durch 
das österreichisch-ungarische Unterseeboot „ll 3" angegriffen. 
Durch ein Manöver gelang es dem Kreuzer, einigen von 
dem Unterseeboot abgeschossenen Torpedos auszuweichen 
und dieses zu rammen, ohne es jedoch zum Sinken zu brin 
gen. Ein Geschwader italienischer Torpedobootjäger, dar 
unter das französische Fahrzeug „Bisson", wurde beauftragt, 
auf das Unterseeboot Jagd zu machen. Am folgenden 
Tage in der Frühe gelang es dem „Bisson", „ll 3" aufzu 
finden und das Fahrzeug, das bereits schwer beschädigt war, 
durch Kanonenschüsse vollends zum Sinken zu bringen. 
„Bisson" rettete den zweiten Kommandanten nebst 11 Mann 
der Besatzung und machte sie zu Gefangenen. 
So schwer diese Verluste der österreichisch-ungarischen 
Marine sind, so stehen sie doch in keinem Verhältnis zu deren 
Ruhmestaten, die um so höher anzuschlagen sind, als die 
italienische Seemacht der österreichisch-ungarischen an Zahl 
weit überlegen ist. 
Der Krieg Italiens gegen Österreich-Ungarn hatte auch 
in diesem Zeitabschnitt sein Gepräge nicht verändert: 
schwerste italienische Niederlagen zu Wasser und zu Lande 
wie auch in der Luft. 
(Fortsetzung folgt) 
Illustrierte Kriegsberichte 
Die Eroberung von Nowo-Georgiewsk. 
Von Major a. D. Ernst Moraht. 
lHierzu das Bild Seite 203.) 
Als die Russen sich genötigt sahen, ihre starke Haupt 
armee aus Polen herauszuziehen und den berühmten strate 
gischen Rückzug einzuleiten, entschlossen sie sich, das am 
weitesten vorragende Bollwerk der starken Weichselstellung 
(Nowo-Georgiewsk) zu halten. Man kann verschiedener 
Meinung darüber sein, was die Russen dazu bewogen hat. 
Die eine Meinung geht dahin, daß sie wirklich daran ge 
glaubt haben, daß Nowo-Georgiewsk den deutschen Vor 
marsch nach Osten verzögern werde. Dann haben die Russen 
nicht genügend Kenntnis besessen von der Art der deutschen 
Kriegführung, wie sie schon im Jahre 1870 aller Welt vor 
Augen geführt wurde. Damals wurde die starke Festung 
Straßburg iin Rücken der deutschen Heere belagert, ohne 
daß diese sich einen Tag durch sie aufhalten ließen. Die 
andere Möglichkeit ist, daß die Russen an die Unbezwinglich- 
keit von Nowo-Georgiewsk geglaubt haben. Auch das scheint 
wenig wahrscheinlich, denn dann hätten sie die Erfahrungen 
des jetzigen Feldzuges während desselben nicht studiert. Lüt 
tich, Namur und Antwerpen sowie die starken Sperrforts in 
Frankreich geben genügend Beweise dafür, daß dem über 
legenen artilleristischen Angriff der deutschen schweren Ge 
schütze auch die stärkste Festung nicht standhalten kann. End 
lich konnten die Russen geglaubt haben, den Feind empfind 
lich zu schwächen durch das Zurückbleiben einer starken 
Belagerungsarmee, die am allgemeinen Vormarsch nicht 
teilnehmen konnte, solange Nowo-Georgiewsk unbezwungen 
war. Auch das ist ein Irrtum. Die Belagerungsarmee 
ist keineswegs stark gewesen und bestand aus Landsturm 
und Landwehr. Die Stärke der deutschen Streitkräfte lag 
hauptsächlich in der schweren Artillerie. Es bleibt also nur 
noch übrig, daß die Russen aus politischen Gründen die starke 
Besatzung der Festung Nowo-Georgiewsk nicht mit nach dem 
Osten nahmen, sondern sie der Gefahr aussetzten, in Ge 
fangenschaft zu geraten; und diese politischen Gründe gipfeln
	        
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