Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
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nach kurzer Zeit und unter furchtbaren Erplosionen ging
Les Eparges mit dein dort angehäuften Kriegsmaterial
in Flammen auf, eingehüllt in pechschwarze Rauchwolken,
die der Wind nach den französischen Stellungen trieb.
Tiroler Kaiserjäger
im Kampf mit italienischen Alpini.
(Hierzu das untenstehende Bild.)
Schon wenige Tage nach Ausbruch des Krieges waren
italienische Truppen, in erster Linie Alpini, in Tirol ein
gedrungen und hatten das vor der österreichischen Front
liegende und ihnen freiwillig überlassene Gebiet besetzt.
Dem Auge des Feindes unsichtbar, beobachteten die Tiroler
Scharfschützen und Kaiserjäger hinter ragenden Felsgraten
den Anmarsch der Italiener, die, als sie nirgends auf Wider
morgens konnte die kleine Schar die Feuerstellung beziehen,
vierhundert Meter über den nichtsahnenden Italienern,
die ruhig in ihren durch den Nebel schimmernden Zelten
schliefen. Mit fieberhafter Spannung erwarteten die Jäger
den anbrechenden Tag. Sie hatten ihre Maschinengewehre
hinter den Felsen in Deckung gebracht und genau auf den
Feind eingestellt und sich so verteilt, daß sie das Lager
im Tal unter Flankenfeuer nehmen konnten. Um vier
Uhr, als eben die ersten Sonnenstrahlen die höchsten Zinnen
der Berghöhen röteten, ließ Oberleutnant Jnnerhofer das
Feuer eröffnen. Schon nach den ersten Schüssen brach unter
den vollkommen überraschten Italienern eine furchtbare
Panik aus. Oft nur mit Hemd und Unterhose bekleidet
flüchteten die tapferen Alpini schreiend aus den Zelten
und rannten Deckung suchend in ihre Schützengräben. Aber
nur den wenigsten gelang es, diesen kurzen Weg von kaum
hundert Schritten unversehrt zurückzulegen. „Denn ununter-
Tiroler Kaiserjäger weisen einen Angriff von Alpini und Bersaglieri auf den Monte Nero ab (Gebiet des Krn bei Tolmein).
Nach einer Originalzeichnung von Bruno Richter.
stand stießen, sich in den Tälern unbehelligt fühlten und sich
anschickten, die Berghöhen zu besetzen, da sie dieselben
frei von österreichischen Truppen glaubten. Sie ahnten
nicht, daß Tod und Verderben hinter den Felsen auf sie
lauerte und daß es oft nur ein Häuflein kühner Leute
war, das mehreren Kompanien standhielt und sie sogar
unter schweren Verlusten zurückwarf. So hatte eine
österreichische Patrouille in der Nähe des Lago di Campo
im Gebiet der Adamellogruppe den Lagerplatz eines
italienischen Bataillons festgestellt. Da beschloß Oberleut
nant Jnnerhofer, der Kommandant einer Maschinengewehr
abteilung, einen Feuerüberfall auf die nichtsahnenden
Italiener auszuführen. Mit zwei Maschinengewehren und
einem halben Zug Jäger brach er am 1. Juli auf. Vier
Nächte — bei Tage konnte wegen der Gefahr einer Ent
deckung nicht marschiert werden — dauerte der lange
und beschwerliche Weg bis zum Lago di Campo, aber er
gelang, ohne daß die Österreicher von den italienischen
Posten bemerkt wurden. Am 5. Juli um halb drei Uhr
IN. Band.
brachen," so erzählt ein Mitkämpfer, „ratterten unsere Ma
schinengewehre, ohne Pause krachte das Einzelfeuer der Jäger,
und jeder Schuß, der in die Reihen der wie wahnsinnig
umherirrenden Italiener entsendet wurde, traf auch sein
Ziel. Nirgends blieb dem Gegner eine Möglichkeit, zu
entkommen." Erst die auf den Lärm der Schüsse herbei
geeilten Alpinikompanien, die ihren Lagerplatz unweit des
Lago di Campo hatten, kamen überhaupt dazu, das Feuer
zu erwidern, aber auch sie wurden durch die mörderische
Arbeit der beiden österreichischen Maschinengewehre rasch
vertrieben und flüchteten in voller Auflösung zurück. Uber
fünfzig Tote und etwa hundert Verwundete blieben auf dem
Kampfplatz liegen. Dagegen verloren die Kaiserjäger nur
einen Mann, der sich während des Gefechts aus seiner
Deckung hervorgewagt hatte und von einem am Felsen
abgeprallten Geschoß tödlich getroffen worden war; ver
wundet wurde niemand. Ohne jeden Zwischenfall konnte
die tapfere kleine Schar unter Mitnahme des Toten ihren
Ausgangspunkt wieder erreichen.
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