Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
vollständigen Unhaltbarmachung geschah von Norden nach 
Süden. Die russischen Stellungen anr Oberlaufe der Zlota- 
Lipa wurden in der Flanke bedroht. Da sie nun selbst als 
Flankenschutz für den unteren Lauf, der wiederurn Flanken 
deckung der Dnjestrstellung war, dienten, leisteten die Russen 
in heftigen Gefechten vom 3. bis 6. Juli äußersten Wider 
stand und mußten nach blutigen Opfern dann doch dem 
Vorwärtsdrängen der verbündeten Truppen nachgeben. 
So wurde auch dieses verwickelte und wichtige Stück des 
Dnjestr von der Gefährdung durch die Russen befreit. 
Gerade hier hatten die Russen aus dem höheren Zweck, 
die Verbündeten von dem Vormarsch auf Lemberg ab 
zuhalten, immer wieder verzweifelte Anstrengungen ge 
macht, sie zu verdrängen. Sturmangriff auf Sturmangriff 
richteten sie gegen die Abwehrstellungen ihrer Gegner. 
Diese Angriffe litten aber unter dem Mangel an sachge 
mäßer Artillerieunterstützung. Was die Russen aus Muni 
tionsmangel daran fehlen lassen mußten, wollten sie durch 
Menschenopfer ersetzen. Selbst unausgebildete Fuß- und 
Reitertruppen, die aus Zentralrußland und Sibirien heran 
geführt worden waren, wurden gegen die überlegen ge 
sicherten deutsch-österreichisch-ungarischen Stellungen vor- 
auch die Kosaken stürmen helfen müssen, während sie bei 
solchen Gelegenheiten bisher nur die Aufgabe gehabt hatten, 
ihre unglücklichen Landsleute in das Verderben hinein 
zupeitschen. Als den Kosakenregimentern bekannt wurde, 
daß an der Grenze Galiziens und der Bukowina bei einem 
solchen Sturme zwei Kosakenregimenter bis auf 60 Mann 
aufgerieben worden waren, verlangten sie ihre Zurückführung 
nach Rußland; auch sonst ereigneten sich zahlreiche Fälle 
schwerster Meuterei. 
In der Bukowina hatten die verbündeten Truppen am 
10. Juni ebenfalls den Dnjestr überschritten und Zaleszczyki 
erobert. Als sie am nördlichen Dnjestrufer bis Chotin vor 
rückten, führten die Russen Verstärkungen in solchen Mengen 
heran, daß sich die Angreifer etwas zurückziehen mußten. 
Die Rückeroberung von Zaleszczyki ist den Russen trotz 
unermüdlichster Angriffe aber nicht gelungen. Ebenso miß-; 
lang ihnen der mit allen erdenklichen Mitteln versuchte Ein 
bruch in die Bukowina bei Onuth an der russisch-galizischen 
Grenze. Hier und im bessarabischen Erenzgelände, wo trotz 
des Bedarfs auf der westlichen Front sogar schwere Geschütze, 
an denen die Russen wahrlich keinen Überfluß mehr haben, 
und Flugzeuge eingesetzt wurden, führte keiner von all den 
Phot. R. Sennecke, Berlin. 
Die Kciegskasse eines Armeekorps in Tätigkeit in einem Schloß in Galizien. 
getrieben. Die Absicht war, durch den Eeschoßhagel der 
Artillerie so dicht an die Stellungen der Verbündeten heran 
zukommen, daß sie das Feuer einstellen müßten. Dann 
hoffte man an einzelnen Stellen Breschen in die Ver 
teidigungstellung zu brechen und diese durch immer neue 
Nachschübe schließlich bis zum völligen Durchbruch zu er 
weitern. Diese grausige Kampfesweise verursachte aber eine 
unerhörte Häufung von Leichen vor den angegriffenen 
Drahtverhauen, die selbst den Russen zuviel war, zumal 
der Erfolg ausblieb. Deshalb wandten sie die List an, 
scheinbar unbewaffnete Haufen vorzuschicken, die mit er 
hobenen Händen sich zur Übergabe bereit erklärten. Die 
Verbündeten ließen sich gutmütig täuschen, und die Leute 
konnten ungefährdet herankommen. Sowie sie aber in 
der Stellung waren, rissen sie Handgranaten unter ihrer 
Kleidung hervor und warfen sie in die Schützengräben. Es 
entwickelte sich ein Handgeinenge, russische Reserven wurden 
vorgeworfen und arbeiteten sich auf diese Weise tatsächlich 
in einige Gräben hinein. Sie wurden aber dann in kür 
zester Frist wieder hinausgeworfen und konnten den auf so 
schlimme Art vorsichtig gemachten Verteidigern nicht zum 
zweitenmal durch dieselbe List einen Streich spielen. Einen 
Erfolg hatten die wilden Stürme, die in acht bis zehn 
Reihen erfolgten, denn auch nicht. An dieser Stelle haben 
Stürmen zu irgend einer Spur des gewünschten Ergebnisses. 
Immer wieder wußten die rumänischen Zeitungen von Ge 
fechten in diesen Gebieten zu berichten, deren einzige Folge 
unabsehbare russische Menschenopfer ohne Nutzen waren. 
Während die Heeresteile in Ostgalizien und der Bukowina 
im ganzen genommen für die Unternehmungen in West 
galizien die Flanke sicherten und verstärkten, rasteten die 
dortigen Heere nach der Bezwingung Lembergs nicht, 
sondern blieben dem zurückgeworfenen Gegner, bereit zu 
neuen Taten, eng am Leibe und machten kämpfend be 
deutende Fortschritte. Nach dem Verlust von Lemberg 
wichen die russischen Hauptstreitkräfte in östlicher Richtung 
nach dem Bug zurück. Im Bugbogen, einer stark bewaldeten, 
zum Teil aber sandigen flachen Mulde, die von etwa 
50 Meter über die Ebene aufragenden, durch feuchte Niede 
rungen getrennten Höhenzügen durchschnitten wird, und in 
dem Berglande, das den südlichen Teil dieser Mulde umrandet 
und von zahlreichen, südlich gerichteten, dem Dnjestr zu 
strömenden Wasserläufen zerteilt wird, also in einem für 
die Verteidigung vorzüglich geeigneten Gebiet, stellten sich 
die Russen bei Dawidowka, an der Eisenbahn von Lemberg 
nach Stanislau, ferner östlich von Miklaszow — in einer 
Entfernung von 14 Kilometern von Lemberg — und bei 
Jariczow-Stary zu neuen Kämpfen. Rach der schnellen
	        
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