Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/13. 
»Fortsetzung » 
Die machtvolle Angriffsbewegung gegen die Russen, 
die mit dem beispiellosen Frontdurchbruch der Schlacht von 
Gorlice—Tarnow eingeleitet wurde, verfolgten wir bis zu 
der glänzenden Wiedereroberung von Przemysl durch die 
Armee Mackensen (siehe Seite 11). Damit war die Haupt 
festung Galiziens wiedergewonnen und so nicht nur ein her 
vorragender Waffenerfolg erzielt, sondern auch eine Leistung 
vollbracht, die auf alle neutralen Länder, besonders aber auf 
die Balkanstaaten einen sehr nachhaltigen moralischen Ein 
druck machen mutzte. Immer noch aber konnten die Russen — 
darin nach Kräften von der bundesgenössischen Presse unter 
stützt — geltend zu machen versuchen, datz ihnen mit der 
gewaltigen Festung eine Last abgenommen sei und sie 
nunmehr um so vollkommener den Besitz der Hauptstadt 
Galiziens, Lembergs, sichern könnten. Die siegreichen Heere 
der verbündeten Zentralmächte dagegen faßten mit un 
geschwächter Tatkraft die Lage 
so auf, datz die Erstürmung der 
Festung ihnen den Weg nach 
Lemberg erschlossen habe, und 
beeilten sich mit eiserner Uner 
müdlichkeit, das Ziel dieses Weges 
in ihre Hand zu bringen. 
Die Armee Mackensen stand 
in diesem Augenblick in einem 
nach Osten vorspringenden Bogen 
von der Lubaczowkamündüng 
(rechter Nebenfluß des San) bis 
zu dem nach heitzem Gefecht er 
rungenen Brückenkopf von Czer- 
niawa (östlich Przemysl an der 
Wisznia). Weiter südlich davon 
schlossen sich Teile der Armee 
Puhallo und in Verbindung mit 
ihr das Beskidenkorps v. der Mar 
witz an. Bon Sambor nordöstlich 
bis zum Dnjestrknie hielt das 
Eros der Armee des Generals 
der Kavallerie v. Böhm-Ermolli. 
Die rechts von ihm kämpfende 
Armee Linsingen konnte nach 
der glücklichen Eroberung von 
Stryj mit starken Teilen gegen 
Osten ausschwenken. Im An 
schluß an diese Armee erkämpften 
sich Teile der Heeresgruppen 
Szurmay und Hofmann bei Zu- 
rawno den Übergang über den 
Dnjestr und rückten mit ihren 
südöstlichen Teilen über Kalusz 
gegen Stanislau vor. Die Be 
setzung der Stadt gelang ihnen 
am 8. Juni. 
In harter Arbeit stützten die 
Heereskörper der Armee v. der 
Marwitz und ihre östlichen An- 
schlutzgruppen den großen Durch 
bruch der Mitte gegen erbitterte 
feindliche Angriffe in der östlichen 
Flanke. Im Westen stützte ihn 
die bis in den Raum zwischen 
Lezajsk und Tarnobrzeg (also 
zwischen San und Weichsel) vor 
gerückte Armee des Erzherzogs 
Joseph Ferdinand, mit der Aufgabe, von Sandomir her er 
wartete feindliche Angriffe zu vereiteln. Diese Armee brachte 
am 14. Juni den als Stützpunkt wichtigen Meierhof Piskoro- 
wice gegenüber Lezajsk in ihren Besitz. Die Armee Mackensen 
drang über Oleszye über die russischen Stellungen nord 
westlich von Agworow hinaus und besetzte am 11. Juni 
diesen Ort, ferner Cewkow und Lubaczow. An dem Fort 
schritt gegen den Feind nahmen auch v. der Marwitz und 
v. Böhm-Ermolli teil. Nach Überwältigung der starken 
russischen Stellungen im Raume von Moszika gelangten 
sie am 15. Juni in die Linie Rudki—Sadowa—Wisznia 
Amerikan. Copyright 1915 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. 
III. Band. 
Österreichisch-ungarisches 30,3-em-Geschütz der Skodawerke. 
und waren damit nur einen Tagemarsch von der russischen 
Hauptverteidigungslinie, der Erodekstellung, an der die 
Russen die deutsch-österreichisch-ungarische Angriffsbewegung 
endgültig zu brechen hofften, entfernt. Zum Schutze Lembergs 
gingen die Russen in diesen Tagen mit frischen Kräften aus 
dem Raume Rohatyn—Mikolajow gegen den östlichen Flügel 
der verbündeten Armeen auch selbst zum Angriff über. 
Am 10. Juni gewannen sie in übermächtigem Ansturm 
sogar Zurawno zurück, mutzten es aber schon am folgenden 
Tage wieder herausgeben. Auch im Raume Mikolajow— 
Zydaczow drängten sie vor. Das hinderte aber nicht den 
Fortgang der deutsch-österreichisch-ungarischen Vorwärts 
bewegung gegen die stark befestigten Stellungen der 
Russen an der Wisznia und nordwestlich davon. Mit äußerster 
Zähigkeit versuchte sich der Feind in dem schwierigen Ge 
lände zu halten, mutzte aber einem durch reichliche An 
wendung schwerer Artillerie kräf 
tig vorbereiteten Angriff am 
13. Juli weichen. Als Österreicher 
und Ungarn durch die Waldzone 
östlich der Wisznia vordrangen, 
preußische Earderegimenter die 
Ortschaften um Mlyny stürmten 
und der Feind schließlich auch aus 
Tuchla vertrieben war, kamen 
preußische Gardetruppen im 
schärfsten Verfolgungskampfe bis 
auf die Höhen westlich von Wiel- 
kie Oczy. Das Ergebnis dieses 
heißen Kampftages war ein 
Raumgewinn von 3—20 Kilo 
meter auf einer Frontbreite von 
über 60 Kilometer. Die Russen 
waren aber wieder in gut vor 
bereitete und wohlausgebaute 
Stellungen zurückgewichen, in 
denen sie am nächsten Tage das 
Vordringen unserer siegreichen 
Truppen durch Einsatz von 19 Di 
visionen aufzuhalten suchten. Alle 
ihre Anstrengungen wurden an 
der Entschlossenheit der Führung 
und der Ausdauer der tapferen 
verbündeten Heere zunichte. In 
der Nacht vom 14. zum 15. Juni 
traten die Russen den Rückzug 
an und setzten ihn ohne beson 
deren Aufenthalt auch in der 
nächsten Nacht fort, unter stän 
diger Verfolgung durch die rast 
losen Truppen der Verbündeten. 
Der Feind strebte in östlicher 
und nordöstlicher Richtung da 
von. Ohne Zweifel wollte er sich 
jetzt in seiner stärksten Stellung 
an der Wereszyca, der sogenann 
ten Erodekstellung, festsetzen. 
Die Wereszyca entspringt in 
dem Berggelände von Magierow 
und fließt in schwach südöstlichem 
Laufe dem Dnjestr zu. Sie ist 
ein unbedeutendes Flüßchen, 
bildet aber durch ihr sehr breites 
Tal und noch mehr durch zahl 
reiche Seen, darunter zehn von größerer Ausdehnung, 
einen zur Verteidigung ganz hervorragend geeigneten Ab 
schnitt, der von den Russen nach jeder Richtung hin mit 
vorzüglicher Kunst dafür hergerichtet worden war. Be 
sonders in der bei Janow sich nordwärts an die Wereszyca 
anschließenden eigentlichen Erodekstellung, die in einer 
Länge von über 70 Kilometer bis in die Gegend von 
Narol—Miasto reicht, hatten sie ein Musterbeispiel neu 
zeitlicher Feldbefestigungskunst geliefert. Viele tausend 
Arbeiter hatten hier monatelang unter der Leitung kriegs 
erfahrener Ingenieure geschafft. Durch Ausholzungen und 
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