Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

Die Khalil-Pascha-Straße in Bagdad. J>, der Mitte ein englischer Armeelastwagen. 
Nach euler englischen Tarstellung. 
über sthr unglücklich sahen sie nicht Eine im Nebel weit vorgestoßene feindliche Patrouille 
m klar geworden sein, daß die Ge- ward im Handgemenge geworfen, und gutgezieltes Gcwchr- 
md im Gegensatz zu der russischen feuer zwang die Vorhut der Welschen knapp vor den kleinen 
Bergseen zum Halt. Minutenweise erstarb das Knattern, 
erleise, „wie konnte ich je zweifeln! wenn sich gleichförmiges Grau vor der Schützen Rohre 
>eute, als sie als unsere Feinde legte, um kurz darauf um so wilder dem Feinde entgegen- 
rsammenhang mit den Deutschen zuschallen, sobald nur ein dunkler Schatten hinter dem 
tprobe auf meine Gesinnung war wieder schwindenden Schleier sichtbar wurde. Über eine 
Stunde schon dauerte der ungleiche Kampf. Ohne Ma- 
n. Das hieß wortlos, daß sie ihren schinengewehr und ohne jegliche Hoffnung auf Verstärkung, 
, wie an diesem Tage, da er ihr fast mit nur noch wenig Munition versehen, wehrte sich die 
n Male und mit ganzer Seele ge- kleine Besatzung heldenmütig, bis endlich die letzten Nebel 
massen zerflatterten und eines der Grenzwerke mit seiner 
irtTs 1915 sandte der Telegraph in Artillerie den Bedrängten zu Hilfe kam. Es war höchste 
daß Libau von den Deutscden er- Zeit, nun nahte Entscheidung und Ende. Die weiter oben 
t sieben Uhr hatte sich die Altstadt, bei den Gletscherspalten liegenden italienischen Reserven 
l ergeben. litten stark durch gutliegende Schrapnelle und zogen sich 
itschland, die siegesfroh und dank- zuerst zurück. Auch die Schützenlinien vorne bröckelten ab, 
rrung lasen, ahnten wenig davon, bis schließlich alles laufend, krabbelnd, kriechend, viele Ver- 
s Band auch zwischen Einzelnen, mundete mühsam mitschleppend, den Gletscher hinauf 
)land und seinen einstigen Kindern, zurückhastete, sich Schutz suchend vor dem pfeifenden Tode 
hinter den Steilwänden des Passes. Blutig war der 
jagte die alte Anna, die ruhig ohne Angriff abgeschlagen. 
m der Eroberung auf ihrem Posten Stolz blickt« das sonnverklärte Haupt der Presanella auf 
Schwur getreu, „Gott prüft den die Stätte unseres Sieges. Der Eletscherbruch glitzerte 
liebsten hat." und schimmerte vom lichtesten Grün bis zum tiefsten Blau, 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
Stunde bedient hatte. Aber sthr unglücklich sahen sie nicht 
aus; schon mochte es ihnen klar geworden sein, daß die Ge 
fangenschaft in Deutschland im Gegensatz zu der russischen 
erträglich sein würde. 
„Mutter," sagte Werner leise, „wie konnte ich je zweifeln! 
Niemals so stark wie heute, als sie als unsere Feinde 
kamen, habe ich den Zusammenhang mit den Deutschen 
gefühlt. Aber eine Kraftprobe auf meine Gesinnung war 
es, das glaube mir." 
Sie drückte seinen Arm. Das hieß wortlos, daß sie ihren 
Sohn nie so geliebt hatte, wie an diesem Tage, da er ihr fast 
verloren und zum zweiten Male und mit ganzer Seele ge 
schenkt worden war. 
Am Abend des 7. Aprils 1915 sandte der Telegraph in 
alle Welt die Nachricht, daß Libau von den Deutschen er 
obert worden sei. Gegen sieben Uhr hatte sich die Altstadt, 
um acht Uhr Neu-Libau ergeben. 
Die Menschen in Deutschland, die siegesfroh und dank 
bar von der neuen Eroberung lasen, ahnten wenig davon, 
wie eng sich dadurch das Band auch zwischen Einzelnen, 
nicht nur zwischen Deutschland und seinen einstigen Kindern, 
verknüpft hatte. 
„Ich hab's gewußt," sagte die alte Anna, die ruhig ohne 
die geringste Teilnahme an der Eroberung auf ihrem Posten 
ausgeharrt hatte, ihrem Schwur getreu, „Gott prüft den 
am härtesten, den er am liebsten Hai." 
um seine Mutter zu suchen. — Bald fand er sie in einem 
elenden Gefängnis und konnte sie nebst einer ganzen 
Reihe armer Frauen und Kinder befreien. Wortlos hing 
sie in seinem Arm, als sie heimschritten. Das Herz war 
ihnen zu voll für Worte. 
Und was ihre Augen sahen, das erfüllte sie immer mehr 
mit stillem Glück: wo noch vor wenig Stunden ein Durch- 
einand.r geherrscht hatte, war Ordnung und Ruhe wie 
etwas Selbstverständliches eingezogen. Zwar zeigten die 
auf den Hauptplätzen und an den Straßenecken aufgefah 
renen Schnellfeuergeschütze, daß noch Krieg sei. Aber 
friedlich kochten bereits die „Gulaschkanonen", und Scharen 
bettelnder Lettenweiber und -kinder umstanden sie, ange 
lockt von dem guten Essensgeruch. Man gab ihnen frei 
mütig — der Starke darf vergeben! 
Große Wagenburgen füllten in Reih und Glied die 
Höfe; Quartier- und Proviantmeister eilten auf dem Rad 
hin und her. Alles vollzog sich mit der Genauigkeit eines 
Räderwerks, dessen feinste Zähne ineinandergreifen. 
Vorm Rathaus standen die wenigen Gefangenen, die 
man in der Stadt selbst noch gemacht hatte. Beim Vorüber 
schreiten erkannte Werner den Unteroffizier und die Sol 
daten, die ihn ins Gefängnis gebracht hatten. Wer war nun 
in die Falle geraten? Den Engländer kümmerte es nicht, 
was aus den Leuten wurde, deren Hilfe er sich in letzter 
Ein Gefecht auf dem Presenagletscher. 
(Hierzu die Kunstverlage.) 
In rastloser Eile wie sieghafte Stürmer quollen dichte 
Nebelschwaden durch den Paß. Wie frohlockend brachen 
sie aus dem engen Tor, sich weit ausbreitend über drei 
kleine Bergweiher und das Eismeer der Vedretta Presena. 
Bis hinauf zu den höchsten Zacken der umliegenden Berg 
riesen waren sie geklettert, die eiligen grauen Unholde, und 
wehrten den Feldwachen den Ausblick trotz des jungen 
Tages. Dennoch sollte es dem Feinde nicht gelingen, Er 
folg und Sieg zu feiern über die kleine Erenzschutzabteilung 
beim Paß am Eletscherrand! Mühsam hatte sich die Sonne 
durchgekämpft, und immer dünner zogen sich die Reihen 
der Nebelfetzen, hie und da freien Blick gewährend auf 
das Firnfeld oberhalb des Lagers. — Mit lautem Alarm 
ruf wies plötzlich der Posten bergwärts. Aus einer höher 
liegenden Kammluke ergossen sich schwarze Massen, Reihen 
und Punkte wie kribbelnde Ameisen über den Gletscher. — 
Es war der Feind. — 
Mit einem Bataillon Alpini glaubte er im Schutze des neb 
ligen Dämmertages die k. u. k. Truppen überfallen zu kön 
nen. Ein paar halblaute Befehle, und nach kurzem Springen 
und Klettern lagen siebzig berggewohnte Kaisersck ützen im 
lebhaften Feuerkamps mit dem übermächtigen Italiener.
	        
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