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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
Französische Artillerie im winterlichen Kampfgebiet der Vogesen.
die deutschen Linien vorbrechen tonnten. Unter großen
Verlusten gelang es dem Feind nach mehrmaligen ver
geblichen Anstürmen, in den vorderen Teil der deutschen
Abwehrzone einzudringen, doch konnte er von dort aus kei
nen weiteren Erfolg erzielen, es gerieten vielmehr eine
große Zahl Turkos, Zuaven und auch weiße Franzosen in
deutsche Gefangenschaft. In der Folgezeit von den Fran
zosen unternommene kleinere Vorstöße von Erkundungs
abteilungen östlich von Reims, dann auch bei Tahure, fer
ner in den Vogesen und im Sundgau (siehe die Bilder
Seite 54 und 55), die an den genannten Punkten oft zu
örtlichen Zusammenstößen Anlaß gaben, wurden überall
ohne Mühe abgewiesen.
Das Oktoberergebnis des U-Bootkrieges stand dem
im vorhergehenden Monat erzielten in nichts nach, übertraf
es sogar noch um 2000 Tonnen; denn 674 000 Tonnen dem
Feind dienstbar gewesenen Schiffsraumes waren im Laufe
des Oktobers in die Meerestiefen versenkt worden. Damit
erhöhten sich die Erfolge des uneingeschränkten kl-Boot-
krieges feit 1. Februar 1917 auf 7 649 000 Tonnen. Dieser
riesige Ausfall konnte von den Feinden weder durch Neu
bauten, noch durch die rücksichtslose Beschlagnahme neutraler
Schiffe eingeholt werden. Einen neuen noch weit mehr
Erfolg versprechenden Abschnitt des Tauchbootkrieges er
öffnete die am 22. November verkündigte Erweiterung des
Seesperrgebietes. Sie schloß nicht nur die Fahrtrinne für
die griechische Lebensmittelversorgung im Mittelmeere,
sondern rückte westwärts der britischen Inseln und rund um
die Azoren ein beträchtliches Stück in den Atlantischen
Ozean hinein. Nun konnte der Kampf gegen die feindliche
Schiffahrt weiter ab vom Lande geführt werden, und die
in der Nähe der Küste, zumal der britischen Inseln, getrof
fenen Abwehrmittel der Feinde (siehe Bild Seite 57) ver-
Phot. Berl. Jllustr.--Ges. m. b. H.
Schwere Geschütze in Deckung.
loren erheblich an Wirk
samkeit. Die kleinen
Minensuchfahrzeuge und
Wach- und Patrouillen
schiffe konnten sich nicht
so weit in das offene Meer
hinaus wagen, dazu wa
ren größere Kriegsfahr
zeuge nötig, die den
Torpedos aber günstigere
Angriffsflächen boten.
Die Festsetzung eines
Sperrgebietes rings unr
die Azoren richtete sich
gegen Amerika, das
diese portugiesische Insel
gruppe zu einem wert
vollen Stützpunkt für
seineTransportflotte aus
gebaut hatte.
In Rußland hatte in
zwischen die Friedens
bewegung weitere
Ausdehnung genommen
und zu sichtbaren Ergeb
nissen geführt. Die Füh
rer der neuen Regierung
arbeiteten mit allen Mit
teln ander Verwirklichung
ihrer inner- und außerpolitischen Pläne. Da eine Reihe
ausländischer Gesandter, besonders der englische Vertreter
Buchanan, ihnen offen und im geheimen Widerstand be
reiteten und sie nicht anerkennen wollten, schritt Trotzki,
der Volkskommissar für die auswärtigen Angelegenheiten,
ohne Zögern zur Veröffentlichung der in russischem Besitz
befindlichen geheimen diplomatischen Aktenstücke. Ihr Be
kanntwerden erregte ungeheures Aufsehen bei allen Völkern.
Zeigte sich doch jetzt klar und deutlich, daß die Gegner
der Mittelmächte, die angeblich für Freiheit und Völker
recht in den Krieg gezogen waren, sich zu weitgehenden Er
oberungen verbündet hatten, die auch vor neutralen Rechten
und Besitz nicht haltmachten. Trotzki ging aber noch weiter,
er kündigte sämtliche Verträge, die mit den vorhergehenden
Regierungen geschlossen waren, vor allem den Londoner
Vertrag, nach dem die verbündeten Feinde der Mittelmächte
nur gemeinsam eine auf den Frieden bezügliche Handlung
unternehmen durften. Am 29. November richtete er zu
sammen mit Lenin an alle kriegführenden Staaten, also
auch an die Mittelmächte, ein Funkentelegramm, in dem
er sie aufforderte, zu einem nahen Zeitpunkt Waffen
stillstandsverhandlungen anzuberaumen und dadurch einen
allgemeinen Frieden anzubahnen.
In Deutschland wurde dieses russische Friedensangebot
in der denkwürdigen 127. Sitzung des Reichstages am
29. November durch die Antrittsrede des neuen Reichskanz
lers Graf v. Hertling bekannt, der dabei verkündete, daß
Deutschland zum Eintritt in die gewünschten Verhandlungen
bereit sei. Als in den nächsten Tagen durch das Verhalten
der Westmächte sich zeigte, daß sie zu Friedensverhandlungen
nicht geneigt seien, ließ Lenin erklären, daß die Russen zwar
einen allgemeinen Frieden erstrebten, bei Weigerung ihrer
Verbündeten aber auch einen Sonderfrieden mit den
Mittelmächten eingehen würden.
IFortsetzung folgt.)
Illustrierte Kriegsberichte.
In letzter Stunde.
Ein Erlebnis bei der Eroberung Libaus. Von Eos Gräfin
von Baudiffin.
< Fortsetzung.;
Wieder durcheilte er die kleine Dünenstraße, die furcht
baren Geschosse nun hinter sich. Aber noch weniger als am
Morgen fürchtete er sie; deutsche Geschütze, nein, sie würden
ihm nichts anhaben. Cie wurden ja zu seinem Beistand.
Sein Herz frohlockte bei jedem Aufschlag, seine Lippen baten:
Schneller! Schneller! Schießt, kommt, befreit uns, helft
uns! Wenn sie kamen, noch vor Abend, noch eh' viel
leicht ein Transport Gefangener, von denen man gewöhn
lich eine gewisse Anzahl ansammelte, abgeschoben wurde —
ihm war, als müßten sie draußen fühlen, auf den stolzen,
schönen Schiffen, daß ein zum Tod Verdammter — denn
das war er durch den Raub der Mutter — sie um Hilfe an
flehte.
In den Hauptstraßen und am Markt war es ruhiger; der
größte Teil der Menge hatte sich verlaufen. Entweder sahen