Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/18 
tFortsetzuug.l 
Seit Mitte Juni löste sich die letzte der großen Schlachten 
an der Westfront, die Schlacht zwischen Montdidier und 
Noyon, in Teiliämpfe auf. Auch die Gegenangriffe der 
Feinde erlahmten; doch neue Kämpfe bereiteten sich vor, 
auf die auch Hindenburg in seiner Ansprache hinwies, die er 
an den deutschen Kaiser richtete, als dieser am dreißigsten 
Jahrestage seines Regierungsantrittes im Großen Haupt 
quartier weilte (siehe untenstehendes Bild). 
In den letzten drei Monaten waren mindestens eine 
Million feindlicher Streiter außer Gefecht gesetzt worden. 
Davon fielen 210 000 Mann, darunter 191454 Ilnverwun- 
dete, in deutsche Gefangenschaft. Die Ausdehnung des von 
den Deutschen eroberten Gebietes übertraf um ein Viel 
faches den Geländegewinn, den die Feinde bei ihren ver 
zweifelten Anstrengungen während eines Jahres an der 
Somme, an der Aisne und in Flandern erzielt hatten. Deren 
Gewinn belief sich auf etwa 561 Quadratkilometer zerwühl 
ten, völlig wertlosen Landes, wogegen die Deutschen inner 
halb dreier Monate an wenigen Kampftagen über 6820 Qua 
dratkilometer Raum besetzten und dadurch wichtige strategische 
Verbindungen und für 
ihre Versorgung mit Le 
bensmitteln wertvolle 
Landstriche in ihre Ge 
walt brachten. Dabei 
war den Feinden auf 
270 Kilometer breiter 
Front das gesamte ein 
gebaute Gerät im Werte 
von vielen Milliarden 
Mark verloren gegangen. 
Hierzu kam die riesige 
Einbuße an Draht, Holz, 
Eisen, Beton, Telephon 
gerät, Feldbahnen mit 
gefüllten Niederlagen, 
Zelt- und Baracken 
lagern, großen Lazaretten 
und anderen Kriegsein 
richtungen, die für die 
Deutschen eine erwünschte 
Ergänzung ihrer eigenen 
Bestände bildeten.Äußer- 
dem wurden den Geg 
nern in den drei Mo 
naten 2476 Geschütze und 
15 024Maschinengewehre 
abgenommen. Das be 
deutete zugleich eine sehr 
beträchtliche Schwächung 
der Arbeitskräfte der 
Feinde, denn statt neues 
Kriegsmaterial herzu 
stellen, mußten sie zu 
nächst für den Ersatz des 
Verlorenen sorgen. 
Schwierigkeiten be 
reitete in den Verbands 
ländern auch die Be 
schaffung von Mann- 
schaften.Mangelhaft aus 
gebildete Leute wurden 
an die Front geschickt; 
das traf besonders auf 
die Amerikaner zu, die 
Anfang Juni sogar unter 
anderem eine Abteilung Siour-Jndianer in Frankreich ge 
landet haben sollten. Das rächte sich aber, denn die Miß 
erfolge nahmen zu. Am 16. Juni stürmten deutsche Stoß- 
abteilungen zwischen Maas und Mosel gegen die von 
Amerikanern gehaltenen Linien vor und drangen zwischen 
dem Vargeurweiher und Richocourt tief in deren Stellungen 
ein. Die am Leben gebliebenen Reste der Erabenbesatzungen 
flüchteten eilig und suchten dem deutschen Verfolgungsfeuer 
zu entkommen. Unter dem Schutze des Sperrfeuers ihrer 
VIII. Band. 
Artillerie zerstörten die Angreifer die Verteidigungsanlagen 
in dem Dorfe Marvoisin gründlich, gleichzeitig nahmen die 
deutschen Batterien die Bereitschaftstellungen der Amerikaner 
sowie deren rückwärtige Linien und Anmarschwege unter 
Feuer. Rach Einbruch der Dunkelheit zogen sich die Deut 
schen, vom Feinde ungehindert, in ihre Ausgangspunkte 
zurück. Auch im Sundgau waren amerikanische Gräben das 
Ziel erfolgreicher deutscher Vorstöße. 
Die Engländer entwickelten in der Gegend von Albert 
(siehe die Bilder Seite 387), wo sie viele Truppen ange 
sammelt hatten, große Regsamkeit. Am 17. Juni mißlang 
ihnen' ein umfangreiches nächtliches Unternehmen völlig; 
die Deutschen stießen den weichenden Feinden nach und 
brachten Gefangene in ihre Hand. 
Im übrigen herrschte an der ganzen Front der Artillerie 
kampf wieder vor; stellenweise, so bei Merris und Locer am 
17., bei Bethune und am Rieppewalde am 18. Juni, sollte 
eine Steigerung des feindlichen Artilleriefeuers der Infanterie 
den Weg in die deutschen Gräben öffnen. Diesen Versuchen 
des Feindes war jedoch nirgends ein Erfolg beschicken. 
Die Franzosen führ 
ten am 18. Juni südwest 
lich von Dommiers im 
Nordteile des Waldes von 
Villers-Cotterets neue 
Angriffe mit starken 
Kräften und Panzer 
wagen aus, die aber ab 
geschlagen wurden. Nur 
östlich von Montgobert 
glückte den Feinden nach 
mehrmaligem Stürmen 
die Wegnahme eines vor 
springenden Teiles der 
deutschen Linien. Die 
Besatzung ging ein klei 
nes Stück in den Wald 
zurück und wies dort alle 
weiteren Angriffe ver 
lustreich für den Gegner 
ab. Im Clignon-Abschnitt 
nordwestlich vonChateau- 
Thierry (siehe Bild 
Seite 388/89) erlitten die 
Franzosen eine blutige 
Niederlage. 
Ani 19. Juni über 
fielen die Deutschen die 
amerikanischen Stellun 
gen bei Seicheprey, wo 
bei die Feinde wieder 
außergewöhnlich schwere 
Verluste erlitten. Tags 
darauf griffen die Ameri 
kaner ihre Gegner nord 
westlich von Chateau- 
Thierry an. Sie wurden 
von französischen Sturm 
bataillonen unterstützt, 
vermochten aber auch mit 
deren Hilfe keine Fort 
schritte zu erzielen; beide 
Verbündeten holten sich 
hier eine neue empfind 
liche Schlappe.Am selben 
Tage brachen nordöstlich 
von Merris und nördlich von Albert heftige Teilangriffe 
der Engländer blutig zusammen. 
Betrübend war auch das Bild für die Feinde, das sich 
hinter der Front in Frankreich bot. In . Paris und dem 
ganzen weiten Raum östlich davon bis in den Eefechts- 
bereich wurden sehr umfangreiche Räumungsmaßnahmen 
verfügt, die nicht nur den unmitieGar Betroffenen ein 
schneidende Belästigungen mannigfachster Art brachten, son 
dern die auch geeignet waren, Ängste und Sorgen über 
r» 
Vbot. Bild- und Film-Anit. 
Feier des 30° Jahrestages des Regierungsantritts Kaiser Wilhelms II. im Großen 
Hauptquartier. 
Im Vordergrund von links nach rechts: 
Ter Kaiser, Oberstleutnant Bauer, Generalfeldmarschall v. Hindenburg und der Deutsche 
Kronprinz.
	        
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