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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
Mark mutzten die Feinde im Stich lassen. Das traf sie
ebenso schwer, wie ihre Mannschaftsverluste, denn mit
ungeheuren Mengen von Munition und Kriegsgeräten aller
Art in Verbindung mit einer Truppenübermacht wollten
sie ja den Sieg erringen. Doch die Unternehmungen der
Verbandstreitkräfte verliefen stets bald im Sande, jene der
Deutschen führten dagegen meist zu dauernden Gewinnen.
Während der Schlacht zwischen Aisne und Marne besetzten
die Deutschen in einer Kampfwoche wieder über 3000 Qua
dratkilometer fruchtbarsten französischen Bodens, auf dem
weithin das Getreide auf den Feldern wogte. Auf den
Weiden grasten friedlich ganze Viehherden, die den Deut
schen in die Hände fielen (siehe mittleres Bild Seite 359),
und in den Bauernhöfen tummelten sich stattliche Scharen
von Geflügel. Nur die Bewohner hatten Haus und Hof
verlassen. Zehntausende dieser Flüchtlinge eilten nach
Paris, von wo sie weiter nach dem Süden Frankreichs
abgeschoben wurden. —
Der deutsche Kaiser lietz
es sich nicht nehmen,
selbst das neu gewon
nene Gebiet zu besich
tigen. Mit Generalfeld
marschall v. Hindenburg
vom Winterberg kom
mend, traf er in dem
Trichtergelände von Cra-
onne unerwartet den
Kronprinzen, der eben
von seinem Bruder, dem
Prinzen Eitel Friedrich,
und dessen Division kam
und vor zu den Kampf
truppen wollte. Die Be
grüßung des Kaisers und
des Kronprinzen, die sich
nach diesem neuen Sieg
zum ersten Male sahen,
war voll glücklicher Herz
lichkeit und fand ihren
Widerhall in dem lauten
Hurrarufen der Trup
pen, die immer wieder
in diesen Tagen des
schweren Kampfes die
Nähe ihrer obersten Füh
rer als ein Zeugnis der
Soldateneinheit aus
dankbarem Herzen be
jubelten (siehe die Kunst-
beilage).
Reims, der östliche
Eckpfeiler der französi
schen Front in der Cham
pagne, litt bei den Kämp
fen, die sich in der
Nähe der Stadt abspiel
ten, ebenso sehr, wie
Soissons, das gleich so
vielen anderen französi
schen Ortschaften unter
dem Hagel französischer und englischer Granatenin Schutt und
Asche sank (siehe die Bilder Seite 359 oben und unten). Die
Deutschen umklammerten Reims von drei Seiten in etwa
drei Kilometer Entfernung von der Mitte der Stadt. Eigent
lich hätte es von den Franzosen schon lange aufgegeben
werden sollen, doch politische Rücksichten zwangen den
General Foch, die Verteidigung der Stadt trotz aller Aus
sichtslosigkeit fortzuführen. Zum Schutz von Reims wurden
Truppen der farbigen Hilfsvölker bestimmt, die in den
ständig unter stärkstem deutschem Feuer liegenden Gräben
rings um die Stadt die furchtbarsten Verluste erlitten. —•
* *
*
An den Erfolq-n der Deutschen waren nicht zum wenig
sten auch ihre Luststreitkräfte beteiligt, deren zahlreiche
Schlachtgeschwader Verwirrung in die Reihen der Feinde
trugen. Den deutschen Jagdfliegern hatten die Franzosen
nichts Gleichwertiges entgegenzustellen, deshalb schickten sie
ihre Bombenflieger aus, die viele Bomben, abwarfen.
Als Ziel wählten sie Soissons und andere französische Städte,
was weitere Schädigungen dieser Ortschaften zur Folge
hatte, ohne datz die Deutschen dadurch in der Durchführung
ihrer Matznahmen gehindert worden wären.
Aber auch die deutschen Bombenflieger waren nicht un
tätig. Alle Truppenlager, Stapel, Eisenbahnknotenpunkte,
Bahnlinien, Brücken und andere wichtige Einrichtungen und
Punkte hinter der Front der Gegner wurden ebenso wie
die französische Hauptstadt selbst wieder mit Bomben be
worfen. Paris lag übrigens auch weiterhin unter dem
Feuer der deutschen Fernfeuerbatterie.
Von den deutschen Bombenfliegern erhielt Hauptmann
Köhl am 21. Mai für seine erfolgreiche Tätigkeit den Orden
?our Is Utzrito. Er war ursprünglich mit dem Württem
bergischen Pionierbataillon 13 ins Feld gerückt, wurde
verwundet und trat nach seiner Wiederherstellung zur
Fliegertruppe über. Sein besonderes Tätigkeitsfeld wurde
der Bombenflug. Als
Staffelführer, später als
Kommandeur eines
Bombengeschwaders
nahm er an Hunderten
von Flügen gegen den
Feind teil und verur
sachte ihm ganz außer
ordentliche Einbutzen an
Kriegsbedarf. Die Ver
nichtung des riesigen
Munitionslagers bei Cö-
risy in der Nacht zum
7. November 1916 war
hauptsächlich auf Köhl
zurückzuführen: auch das
große Munitionslager
von Blargies wurde von
ihm kurz vor Ausbruch
der neuen deutschen Of
fensive mittels Bomben
in die Luft gesprengt.
Beträchtlich war auch
wieder die Zahl der deut
schen Luftsiege. Mein
am 2. Juni schossen die
Deutschen 81 Flugzeuge
der Feinde ab. Am 4.
und 5. Juni wurden wei
tere 46 Flugzeuge und 4
Fesselballone zur Strecke
gebracht. Das Jagdge
schwader Richthofen war
daran am 5. Juni mit
15 Luftsiegen beteiligt.
Leutnant Menkhoff und
Hauptmann Berthold
überwanden je ihren ein-
unddreitzigsten Gegner,
während es Leutnant
Löwenhardt auf 27,
Leutnant Udet auf 26
und Leutnant Kirstein
auf 22 Siege brachten.
Ein heftiger Zusammenstoß in der Luft spielte sich am
5. Juni wieder einmal an der flandrischen Küste nordwestlich
von Terschelling zwischen mehreren deutschen Flugzeugen
und fünf englischen Curtis-Flugbooten ab. Dabei wurde ein
englisches Flugzeug in Brand geschossen, stürzte aufs Meer
und verbrannte. Drei Mann seiner Besatzung retteten sich
an Land und wurden dort zurückgehalten. Zwei andere
feindliche Flugzeuge erlitten so schwere Beschädigungen,
daß sie ebenfalls landen mutzten. Die Besatzungen fielen
Brandwunden zum Opfer, die Flugzeuge dagegen konnten
in verhältnismäßig gutem Zustand geborgen werden. Ein
verirrtes beschädigtes Flugboot landete auf Vlieland: auch
feine Besatzung wurde interniert. Nur ein einziges engli
sches Flugboot entkam. Die Deutschen verloren nur ein
Flugzeug, das während des Kampfes in Brand geraten war
und später vernichtet wurde. Seine Bemannung brachten
die Deutschen in Sicherheit. —
* -i-
Über die Tätigkeit der deutschen U-Boote trafen neue,
Phot. Bild- und Film-Amt.
Deutscher Posten mit Panzerhemd in vorderster Stellung an der Westfront.