Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Achter Band. (Achter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
durch Luftangriffe zu wirken. Sie behaupteten, dabei 
einen deurscye,, Zerstörer versenkt zu haben. Ihre Angaben 
entsprachen jedoch nicht den Tatsachen, denn es hatte am 
18. Mai lediglich ein Torpedoboot einen Treffer erhalten 
un r dabei geringfügigen Schaden erlitten. Dagegen kamen 
den Engländern ihre Vorstöße teuer zu stehen, denn in 
d.r Zeit vom 18. bis zum 22. Mai verloren sie fünf Flug 
zeuge, die in die See abstürzten. Ein sechstes mußte eine 
Notlandung vornehmen und fiel mit der Besatzung in die 
Hände der Deutschen. 
Im April büßten die Deutschen insgesamt 123 Flugzeuge 
und 14 Fesselballone ein; von den Flugzeugen erreichten 
87 hinter den Linien des Feindes die Erde. Die Gegner 
verloren 271 Flugzeuge und 15 Fesselballone. Davon 
wurden 223 Flugzeuge im Luftkampf überwunden, 42 fielen 
Abwehrgeschützen und 6 Gewehrfeuer zum Opfer. 123 
Flugzeuge erbeuteten die Deutschen. 
Starrer Fliegereinsatz auf beiden Seiten führte auch im 
Mai zu zahlreichen Luftgefechten. Am 15. Mai brachte die 
früher von deur Rittmeister Manfred Freiherrn v. Richthofen 
geführte Jagdstaffel allein 14 Gegner von den 33 zuur Ab 
sturz, die an diesem Tage von den Deutschen abgeschossen 
wurden. Vom 19. bis zum 21. Mai wurden 59 feindliche 
Flugzeuge und 3 Fesselballone heruntergeholt; dabei erfocht 
Leutnant Löwenhardt (siehe Bild Seite 328) seinen vierund 
zwanzigsten und Vizefeldwebel Rumey seinen einund- 
zwanzigsten Luftsieg. Am nächsten Tage errang Leutnant 
Menkhoff (siehe Bild Seite 328) seinen siebenundzwanzig- 
sten, Leutnant Pütter seinen dreiundzwanzigsten und vier 
undzwanzigsten Luftsieg. Die Besatzung eines Beobach 
tungsflugzeuges» Leutnant Eisenmenger und Vizefeldwebel 
Eund, schossen am 23. Mai aus einer Kette von sechs eng 
lischen Kampfflugzeugen vier heraus. — In dieser Zeit 
erlitt die deutsche Fliegerwaffe einen neuen schmerzlichen 
Verlust. Leutnant Bvngartz (siehe Bild Seite 199), der 
nach dem Tode des Rittmeisters Freiherrn v. Richthofen 
mit sechsunddreißig Siegen an der Spitze der deutschen 
Lufthelden stand, erhielt in einem Luftkampfe eine Ver 
wundung, die ihm den Verlust eines Auges eintrug und 
sein Ausscheiden aus den Reihen der deutschen Luft 
kämpfer bedingte. 
Eine ganze Reihe deutscher Städte, wie Landau, Koblenz 
und Köln» waren wieder das Ziel feindlicher Luftüberfälle, 
llber Köln erschienen am Sonnabend vor Pfingsten sechs 
feindliche Flugzeuge, die dreiundzwanzig Bomben abwarfen, 
deren Art erkennen ließ, daßdie Angreifer keine militärischen 
Zwecke verfolgten, sondern nur die Bevölkerung schädigen 
wollten. Der Überfall forderte ausihr 35 Tote und 37 Verletzte. 
Deutsche Flieger dagegen griffen wieder die feindlichen 
Hauptstädte und militärisch wichtige Orte an. Am 15., 23. 
und 24. Mai erschienen deutsche Flugzeuge über Paris, und 
in der Nacht zum 20. Mai erhielt auch London ihren Be 
such. Dieser Angriff auf die so oft heimgesuchte englische 
Hauptstadt war der schwerste, den sie bis dahin überhaupt 
erlebt hatte. Besondere Tätigkeit entfalteten deutsche 
Bombengeschwader über den Stapelplätzen der Feinde. 
In der Nacht zum 22. Mai flog das riesige Munitionslager 
3 Kilometer westlich von Abbeville infolge deutscher Bomben 
treffer in die Luft, und in der nächsten Nacht ereilte das 
Lager von Blargies das gleiche Schicksal. In einer Woche 
warfen die Deutschen 360 000 Kilogramm Sprengstoff 
außer auf London, Paris, Dover, Calais auch auf viele 
andere wichtige Punkte ab und erzielten damit starke 
Wirkungen. — «Fortsetzung folgt.» 
Illustrierte Kriegsberichte 
Rückeroberung der k. u. k. Feldwache II am 
Monticellohang im Herbst 1915. 
(Hierzu die Kunstbeilage.) 
Unterjäger B., Sie steigen mit sechs Mann da hinauf 
und suchen über den Kamm an das „Schartl" zu kommen. 
Wir nehmen den Weg über den Hilfsplatz und gehen's 
über die „Rutschen" an. Solltet ihr früher an Ort und 
Stelle sein, laßt nichts hören und sehen von euch, bis wir 
angreifen; dann aber drauf! Heil! 
Ein halbes Dutzend grauer Gestalten löste sich aus der 
kleinen Gruppe und kletterte die von Fähnrich S. bezeichnete 
Rinne hinauf. Nochmals zurückblickend sahen wir die zwölf 
anderen auf schmalem Steig hinter einer Nase des Monticello 
verschwinden. 
Weiter, weiter! Schon künden orangefarbene Streifen 
Hinter den Presanellastöcken, daß es in einer halben Stunde 
hellichter Tag sein wird, und dann müssen wir den „Gazzel- 
machern"*) schon auf dem E'nack sein. Gestern abend 
haben sie Feldwache II, das Schartl, mit starker Patrouille 
angegriffen und genommen» aber lange sollen sie sich nicht 
Daran erfreuen. Langsam, ganz langsam ging's jetzt Mann 
Hinter Mann. Für jeden Schritt ward ein Polsterchen der 
Hauswurz oder des Steinbrechs gesucht, und eine Freude 
war's, wie lautlos das ging. Wohl kaum hätten wir sonst 
auf nur zehn Schritte das verliebte „Huuro-ta-do" ge 
hört, den Hochzeitsruf des Steinhahns. Run ein leise ge 
flüstertes „Halt" des Führers. Vorsichtig pirschen sich die 
letzten weiter vor und verschwinden beiderseits im Stein 
gewirr. Das Schartl liegt unter uns. Natürlich _ zieht 
wieder der verwünschte Nebel darüber hin, daß nicht einmal 
auf die 60 Meter ein scharfes Ziel zu fassen ist; immer der 
größte Jammer unserer Schützen. Wenn nur die anderen 
bald kommen! Na, lange brauchten wir nicht zu warten. 
Ein helles „Klack", nun verdoppelt, verzehnfacht klang es 
zurück, es war wie Hammerschläge auf hartes Holz. Das 
war welsches Kaliber. Ein höhnender Schimpfruf jetzt 
auf die „Austriacchi". Das hatte noch gefehlt! Von der 
Rutschen her ein zornmütig „Hurra", und in wilden Sätzen 
kamen sie gestürmt über Blöcke und Schneeflecken; allen 
voran der Fähnrich. Hellauf jauchzten da die Burschen 
ob dem Schartl. Ein Kollern und Poltern schlagender 
Steine, und unten waren sie auf dem schmalen Schnee 
grat, Brust an Brust am Feind. Kolben und eiserne Bergler 
fäuste hämmerten nieder, was sich in den Weg stellte. Ge 
schossen ward nicht viel, nur am rechten Hang lag ein junger 
Kaiserschütze und sandte so ruhig und bedächtig wie auf 
dem Schießstande den Fliehenden seine todbringenden 
Grüße nach. Nach kurzem, erbittertem Ringen war Feld 
wache II vom Feinde gesäubert und die letzten Alpini, vom 
Grausen erfaßt, Hals über Kopf im ziehenden Nebel ver 
schwunden. Unsere Leute sammelten sich, und ein ita 
lienisches Maschinengewehr, das gar nicht zu Worte ge 
kommen war, wurde feindwärts in Stellung gebracht. 
Einige Schrammen und Beulen ließen sich über den schönen 
Erfolg leicht verschmerzen und nur stolze Freude lachte aus 
aller Augen. 
Feldwache II hatte auf lange Zeit Ruhe und ist auch 
später nie mehr verloren gegangen. H. B. 
Charakterköpfe der Weltkriegsbühne. 
Von Dr. Frhrn. v. Mackay. 
11. Skoropadski, der Hetman der Ukraine. 
«Hierzu das Bild Seite 296.» 
Am £9. April 1918 begaben sich in Kiew eigentümliche 
Dinge. Große und Kleine Rada — Volksvertretung und 
Regierung — wurden gesprengt, ein bis dahin kaum den: 
Hörensagen nach bekannter früherer russischer General 
major, Pawlo Skoropadski, ließ sich zum Hetman des 
neuen ukrainischen Staatswesens ausrufen. Eigentümliche 
Erinnerungen an die berühmten Atamane der Kosaken 
tauchten sofort vor dem geschichtliche Anknüpfungen 
suchenden Blick auf. An jenen „Befreier Südrußlands", 
den in Kiew ein Reiterstandbild verherrlicht und der als 
Nationalheld der Ukraine gilt, der vor rund dreihundert 
Jahren das Kosakentum gegen die polnische Herrschaft zur 
Erhebung aufwiegelte, erst Potocki bei Korsun aufs Haupt 
schlug, dann mit seinen Scharen verwüstend durch Wolhynien. 
Podolien und Rotrußland bis Lemberg und Zamosch vor 
drang, darauf von König Kasimir selbst mit der Würde 
eines Hetmans unter Warschauer Oberhoheit belehnt wurde 
und, als der unversöhnliche Haß der Kleinrussen gegen die 
Polen alsbald neu aufflammte, dem Zaren Alerei Michailo- 
witsch sich unterwarf, aber nur, um dadurch zwischen Tür 
und Angel der Gewalttätigkeit zweier großer Herren zu 
*) Von „gazza“ = Blechgefäs;, Schöpfer.
	        
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