Volltext: Der Feldzug in Polen (6 / 1915)

sierten wir schon Schlachtfelder mit Kosakengräbern, Pferde¬ 
kadavern und zerstörten Straßen und Brücken. In W . . . 
habe ich seit Guntersblum zum erstenmal die Hofe ausbekom¬ 
men und unter einer Decke geschlafen, wenn auch auf einem 
Sofa. Wir wohnten bei einem reichen Juden. Im übrigen 
war W . . . ein furchtbar schmutziges Polackenneft mit 7000 
Einwohnern, davon dreiviertel Juden. Am anderen Tage früh 
fehlten 3 Pferde von der Bagage, die aus dem Stall gestohlen 
worden waren. Eine Abteilung blieb deshalb zurück und rückte 
dem Bürgermeister auf die Bude, und die geladenen Gewehre 
bewirkten, daß bald nicht nur Pferde mit Geschirr, sondern 
auch noch 200 Rubel Strafgeld abgeliefert wurde. Der At¬ 
tentäter wurde samt dem Bürgermeister nach der hiesigen 
Stadt gebracht, und der Major wollte wenigstens einen von 
ihnen auf der Stelle erschießen lasten. Schließlich kamen sie 
aber mit je 25 Rutenstreichen und 600 Rubel davon. Nun 
liegen wir hier in A ... in einem Schmutz, von dem Ihr 
Euch auch nicht die leiseste Vorstellung machen könnt. Unser 
Quartier ist in dem verlassenen Hause eines polnischen 
Rechtsanwalts, der vor den Kosaken geflüchtet ist, weil vor 
einigen Wochen hier ein Gefecht stattfand. Die Wohnung ist 
rein fürstlich, doch vom Krieg schrecklich mitgenommen. Mit 
Tischen und Stühlen müssen wir unser Essen kochen. Hunger 
leiden wir nicht. Gestern abend haben wir Entenbraten ge¬ 
habt, heute mittag Fleischsuppe mit Reis, und heute abend 
wollen wir Koteletts und Kartoffeln mit Sauce bereiten. 
Manchmal haben wir aber auch schon den ganzen Tag von 
Kommißbrot gelebt. Alle paar Schritt lag ein gefallenes 
Pferd, dem die Juden das Fell abgezogen hatten, und ab und 
zu verrieten Schützengräben, daß der Ort der Schauplatz ei¬ 
nes Gefechts gewesen war. 
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