Volltext: Der Feldzug in Polen (6 / 1915)

wieder einsam auf dem Acker. Friedlich und still liegt das 
Weichseltal vor mir, und nur das vereinzelte Gewehrfeuer 
der vor uns liegenden Infanterie erinnert daran, daß der 
Mord durch das schweigsame Tal schreitet. Während ich in 
Gedanken versunken weitergehe, schreckt mich ein lautes 
„Halt! Wer da!" auf, doch bald ist die Verständigung mit 
den beiden einsamen Reitern gefunden, die ebenfalls, wie ich, 
ihren Weg quer über das Schlachtfeld genommen haben. 
Ich schüttele gleich darauf einem lieben Landsmann und Ab- 
teilungökameraden kräftig die Hand, hocherfreut über das 
zufällige Zusammentreffen. Doch nur kurze Zeit dauert der 
Aufenthalt, und mit gegenseitigen herzlichen Grüßen an un¬ 
sere Gattinnen — auch er ist erst seit kurzem wie ich glück¬ 
licher Ehemann — trenne ich mich von meinem Freunde, den 
die Pflicht ins nächste Dorf ruft, um für die Sanitäts¬ 
kompagnie Quartier zu machen, deren noch in der Nacht ein 
schweres Stück Arbeit harrt. Ich komme gerade zur rechten 
Zeit bei meinem freundlichen Rittmeister an, denn eben wer¬ 
den die dampfenden Konserven aufgetragen, die ich mir auch 
sofort trefflich munden lasse. Zwar geht es in unserer „Villa" 
ziemlich,eng zu, denn in der einzigen Bauernstube liegen be¬ 
reits 6 Krieger, teils schlafend, teils sich erzählend, auf dem 
Stroh, und ebensoviel sitzen auf allem möglichen Sitzgerät 
mit uns um den alten Bauerntisch, den zwei auf leere Wein¬ 
flaschen gesteckte brennende Kerzen in Ermangelung eines 
Kronleuchters zieren. Trotzdem lassen wir uns unser Abend¬ 
brot aus unseren einfachen Eßnäpfen ausgezeichnet schmecken, 
und bald entwickelt sich beim dampfenden „Blümchen" eine 
trauliche Gemütlichkeit, und schnell ist die Gefahr vergessen, 
in der wir uns andauernd befinden, bis dann einer nach dem 
anderen sich aufs Stroh zur Ruhe begibt. Auch ich werfe mich 
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