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Mühle in Josefstal, die noch eine Brandstätte war, geeignet. Er nahm sich
einen Baumeister von Linz mit. Die Mühle sollte wieder neu aufgebaut
werden. Beim Wegräumen des Schuttes wurden auch die Gebeine der
alten Müllerin und die der Magd Rosa gefunden, die in Schwertberg bei¬
gesetzt wurden. In einem Schranke einer Fensternische fand Josef Freiler
ein Kästchen Silbergeld, welches er jetzt gut brauchen konnte
Der junge Sohn Johann mußte immer noch in Linz bleiben, da
er noch nicht vollständig hergestellt war. Von hier aus besuchte er
seine Eltern in der Klausmühle öfters im Jahre.
An einem Sommertage mittags ging Johann wieder von Linz über
St. Georgen a. d. G. und wollte über Grünau zu seinen Eltern nach
Josefstal. Der Abend brach bald an. Ein Gewitter war im Anzüge, als
er Grünau verließ. Jetzt beeilte er seine Schritte. In seiner Eile aber
verlor er im Hartlholz den rechten Weg und verirrte sich. In Strömen kam der
Regen herab, Blitz zuckte auf Blitz. Da bemerkte er eine Taube, die sich ver¬
spätet hatte und ihrer Heimat zuflog. Johann ging der Richtung des Tauben¬
fluges nach. Da kam er zu einer hölzernen Hütte, dem äußeren Anscheine
nach eine Klause. .
Er klopfte an die Türe. Ein ehrwürdiger Greis mit schneeweißen
Haaren und solchem Barte, mit einer groben Kutte bekleidet, erschien
unter der Türe. Johann bat um ein Obdach. Milde lud ihn der Greis
zum Eintritte ein und stellte ihm zur Labung Milch und Brot vor. Beim
Scheine eines Lichtleins überblickte Johann die Wohnung. Diese bestand
nur aus einer Stube mit einem kleinen Kamin. Zwei Lagerstätten aus
Moos, zwei Birkenstühle und ein solcher Stuhl bildeten die Einrichtungs¬
stücke. Während Johann aß, betrachtete ihn der Klausner aufmerksam
und sein Anblick schien auf ihn einen großen Eindruck zu machen. End¬
lich fragte der Greis um das Ziel seiner Reise. Johann erzählte, daß er
bei seinen Verwandten Aschauer in Linz wohne, daß er beabsichtige seine
Eltern in Josefstal zu besuchen. „Wie heißest du und wer sind deine
Eltern?" fragte ungestüm der Greis, keinen Blick vom Jünglinge ab¬
wendend. . -
„Ich heiße Johann Freiler, meine Eltern sind Besitzer der lal-
mühle in Josefstal und heißen Josef und Anna Freiler," antwortete
Johann. „0, allgütiger Gott," rief der Klausner, „also leben sie noch!"
Mit Begeisterung streckte er seine Hände himmelwärts, indem er rief:
„Der Name des Herrn sei gebenedeit, o Johann, mein liebes Enkelkind,
bete mit mir, ich kann das Glück nicht fassen, sieh', ich bin dein Gro߬
vater Mairinger, denn deine Mutter ist meine Tochter!"
Staunend fiel der Jüngling an die Brust seines Großvaters und
beide vereinigten sich zu einem gemeinsamen Dank- und Preisgebete.
Am anderen Tage gingen beide zusammen von der Klause in Hartl
zur Talmühle. .
Es war eine gemütsüberwältigende Szene des Wiederfindens öaen
23j ähriger Trennung; die Anwesenden waren nicht eines Wortes fähig.
Endlich sammelte sich Anna und rief: „Mein Vater, mein Vater!" und
bedeckte den alten Mann wiederholt mit Küssen.
Die Freuden des Wiederfindens hatten auf die Nerven des Greises
zu sehr eingewirkt, er mußte sich setzen. „0 meine Kinder," sprach er,
„wie viel habe ich um euch und eure Mutter geweint! Sie lebt bei
.Gott; sie ist unsichtbar in unserer Mitte! Euch nochmals auf dieser
Welt zu sehen, hätte ich nicht geahnt! Der Herr, der die Geschicke so
wunderbar lenkt, sei gelobt und gepriesen!"
Seither heißt diese Mühle die Klausmühle. In neuerer Zeit hat
das Hochwasser sie so beschädigt, daß sie heute beinahe einer Ruine gleicht.
(NB Diese Klausmäre wurde seinerzeit in einer Schreibteke eines Stein¬
arbeiters Kirchschläger geschrieben vorgefunden und aus dem Gedächtnisse nach¬
erzählt.)