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Sonderabdruck ans »Fachliche Mitteilungen der k. k. österr. tabakregie», Wien 1907, Heft 2.
Die k. k. Tabakfabrik zu Scliwaz in Tirol.
Mit 3 Tèxtl>ildeïn und 5 Tafeln.
Von Dr. Franz Wiese r.
I.
Ortsgeschichte und Gründung der Tabak¬
fabrik.
Die geschichtliche Entwicklung von Schwaz
(seit 1326 Markt, seit 1899 Stadt) ist durch
die Lage des Ortes, durch das Vorkommen
eines erzführenden Alpenkalks und durch den
geologischen Aufbau des östlichen Berggeländes
mit den natürlichen Bedingungen des heimischen
Bodens enge verknüpft.
Gelegen im fruchtbaren, breiten Inntale,
am Saume eines uralten Völkerweges und einer
durch Jahrhunderte lebhaft benutzten Wasser¬
straße, blieb Schwaz, das urkundlich um 930
n. Chr. zum erstenmale erwähnt wird, seit jeher
mit den Vorteilen des Durchzugs-Verkehres in
Berührung, weshalb sich alle mit dem Straßen-
und Schiffahrts-Gewerbe verwandten Berufe einer
langen Blüte erfreuen durften.1 Bis zur Er¬
schließung der )>höflichen und fröhlichen Erz-
gebäude am Falkenstein« (etwa um 1410)
waren das Verkehrswesen, die Erträge des Wein¬
baues, der Forst- und Landwirtschaft sowie die
Viehzucht die Erwerbsquellen der Bevölkerung.
1 Die -umfangreiche Literatur über Schwaz ist
zum größten Teile in der Sammlung des lnnsb rucker
Museums »Ferdinandeum«- der wissenschaftlichen Be¬
nutzung zugänglich gemacht.
Erst der am Falkenstein erschürfte Berg¬
segen verlieh dem Markte Schwaz eine rühm¬
liche Bedeutung. Die Ausbringung an Silber-,
Kupfer- und Eisenerzen aus den Schwazer
Gruben wird von Montanisten und Geologen
(von Isser, von Wolfskron, Pichler, Kathrein)
für die Zeit von 1410—1800 auf einen Wert
von mehr als 600 Millionen Kronen eingeschätzt
und für die reichste gehalten, welche jemals in
einem eng begrenzten Minenrevier der Erde er¬
zielt worden ist. Diese gewaltige Erzausbeute
verteilte sich mit steigenden Erfolgen auf die
Zeit von 1410—1530 (mit einer Meistgewinnung
von 53.000 Mark Silber jährlich), während sie
von 1550 angefangen bis 1828 trotz mancher
Hoffnuiigsbauten allmählich versiegte.
Die Schwazer Silberschürfung übte einst
auf Handels- und Wirtschaftsformen Mittel¬
europas einen wertbestimmenden Einfluß aus,
der bis in die Zeit der Edelmetallzufuhren aus
der neuen Welt andauerte.
Schwaz, vom Tiroler Landreim als »die
hohe Schule und aller Bergwerk Mutter« ge¬
priesen, war zu Anfang des 16. Jahrhunderts
an Größe, föeichtum und Kunstschöpfungen den
tirolischen Städten weit überlegen, was mehr¬
fache, glanzvolle Zeugnisse aus venezianischen
Gesandtschaftsberichten bestätigen.
Aber mit der fortschreitenden Erschöpfung
des Bergbaues, der seit 1750 bereits mit jähr¬
lichen Einbußen betrieben wurde, trat Ver-
OÖLB LINZ
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