Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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mit aller Macht sein Horn, um den Kapitän des Pilotenschiffes auf seine 
Gegenwart aufmerksam zu machen. Lauge umsonst. Plötzlich erhielt er aus der 
Ferne eine Antwort in der Form eines Strahles eines mächtigen Scheinwerfers. 
„Endlich hat man mich doch gehört," dachte der gereizte Kapitän bei sich und 
dampfte auf den Scheinwerfer zu. Groß war seine Enttäuschung. Das ver- 
meintliche Pilotenschiff wich ihm immer aus und umfuhr es in weiten Kreisen, 
ohne Antwort zu geben, es sei denn durch einen Strahl seines Scheinwerfers. 
Das steigerte die Ungeduld des Kapitäns bis zur Wut. Als er alle Aus- 
drücke des Signalbuches erschöpft hatte, rief er durchs Nebelhorn: „Seid ihr 
alle verrückt auf dem Pilotenschiffe?" Allmählich rückte der Strahl des Schein- 
Werfers in die Ferne, weil die Kreise seines Schiffes sich erweiterten. Aber 
der Dampfer ihm nnermüdet nach in der Hoffnung, es einzuholen. Da Plötz- 
lich verschwindet das Licht des Scheinwerfers und mit ihm das widerspenstige 
Schiff, welches die gefürchtete Emden selbst war, die sich das Vergnügen ge- 
macht hatte, den englischen Dampfer zu narren. Einige Tage später erzählte 
der Kommandant v. Müller diesen Streich mit einem herzlichen Lachen den 
Kriegsgefangenen der fünf am vorhergehenden Tage versenkten Schiffe, bevor 
er auf dem schwedischen Dampfer in Rangoou ans Land setzen ließ. (Times 
of Judia, 7. Oktober.) 
Ritterlichkeit. 
Als Kommandant von Müller von den ebengenannten Kriegsgefangenen 
Abschied nahm, rief er ihnen nach: „Gute Reise, meine Herren, ihr werdet 
aber noch mehreres von mir hören, denn ich bin mit meiner Arbeit noch nicht 
fertig, sondern werde das Kriegsspiel bis zum äußersten Ende weiterführen 
und werde mein Schiff nicht in feindliche Hände fallen lassen." 
Dieselbe Höflichkeit den Kriegsgefangenen gegenüber und derselbe ritterliche 
Sinn zeichneten auch seine untergeordneten Offiziere aus. Als eine große 
Anzahl englischer Kriegsgefangenen auf dem gekaperten Dampfer Grhfovale 
bei Kolombo ans Land gesetzt werden sollte, kam — so erzählt einer derselben 
— einer der Offiziere der Emden zu uns und wünschte uns allen eine glück- 
liche Heimreise; während unserer Gefangenschaft versah uns ein anderer Osfi- 
zier mit Spielkarten und angenehmer Lektüre. Kapitän Jsdale der versenkten 
Ribeira berichtet: „Als die bewaffnete Mannschaft der Emden mein Schiff 
bestieg, war die erste Frage: »Habt ihr Damen an Bord? Wenn das der Fall 
sein sollte, wird euer Schiff unversehrt bleiben.« Das war bei ihnen kein 
leeres Wort, denn, daß die erbeutete Kabinga nicht versenkt, sondern als 
Transportschiff für die Ueberführuug von 400 Gefangenen nach Kalkutta ver- 
wendet wurde, hatte sie einzig dem Umstände zu verdanken, daß sie Frau und 
Kind ihres Kapitäns an Bord mitführte." 
Die Freundlichkeit des Kommandanten von Müller ging so weit, daß er 
dem Kapitän des schwedischen Dampfers Dovre für die Ueberbringnng der 
70 Kriegsgefangenen der Clan Matheson nach Rangoon sogar das Fahrgeld 
bezahlen wollte. Selbstverständlich vernichtete er die Schiffspapiere der ge¬
	        
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