Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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stehen, jetzt Siegestrophäen unserer Truppen. Dann ging es durch das land- 
schaftlich so hübsche Maastal, in dem die rauchenden Häuser, die zerschossenen 
Dörfer, die gesprengten Brücken doppelt furchtbar wirkten, nach Lüttich. 
Oer erste Pour le merite für einen Leutnant. 
T\er Leutnant Otto von der Linde vom fünften Garderegiment zu Fuß, 
ein Sohn des Potsdamer Amtsgerichtsrates von der Linde, hat sich als 
erster preußischer Leutnant seit 1866 den Pour le merite verdient. Leutnant 
von der Linde hat die Auszeichnung dadurch erworben, daß er mit einem 
Handstreich am 24. August das Fort Malouue, das zum Fortgürtel von 
Namur gehört und völlig unbefchossen war, mit vier Mann in deutschen 
Besitz brachte. Der zweiuudzwanzigjährige Offizier schildert in einem Brief 
an seine Eltern diesen Handstreich in folgenden Worten: 
„Ich mußte mit 500 Mann auf ungedecktem Gelände auf das Fort los- 
gehen. Ueberall starrten mir Schießscharten entgegen, aus denen es jede Se- 
künde losknallen konnte, und wenn das nicht, so konnte ich aus eine der vielen 
Minen, die ringsherum lagen, treten. Von allen Offizieren, die sich freiwillig 
dazu gemeldet hatten, wurde ich ausgesucht. Ich nahm von meinem Zuge 
nur vier Mann mit, und im Gänsemarsche näherten wir uns dem Fort. Heran 
konnte ich selbst nicht, weil die Brücke über den großen Wassergraben zurück- 
gezogen war. Als der Kommandant uns bemerkte, rief ich ihn an und redete 
ihm vor, daß ein ganzes Regiment und Artillerie draußen im Walde stünde 
und das Feuer sofort eröffnet würde, wenn noch eine Minute mit der Ueber- 
gäbe gewartet würde. Der Kommandant ließ die Brücke herunter, und wir be- 
traten das stark befestigte Fort. Ich ließ jeden einzelnen vortreten. Wir 
untersuchten sie. Die Waffen mußten sie im Fort lassen. Meine vier Leute 
hatten das Gewehr im Anschlage. Der Kommandant vom Fort Malonne 
übergab mir seinen Säbel. Dann ließ ich die Belgier in eine Ecke treten, 
damit sie nicht sehen konnten, wer heran käme. Neben dem Kommandanten 
nahm ich 5 Offiziere und 20 Mann gefangen; die übrigen 400 waren 
schon geflohen. Ich ließ nun meinen Zug nachkommen. Die Gesichter der 
belgischen Offiziere hättet Ihr sehen follen, als sie nachher unsere geringe Anzahl 
sahen. Ich holte die belgische Flagge herunter und meine Leute verfertigten 
aus einer belgischen Hose, einem Hemd und einer französischen Bauchbinde 
eine deutsche Fahne und hißten sie. Vorher hatten wir den Weinkeller 
aufgemacht und ließen beim Aufziehen der Fahne ein paar Sektflaschen knallen. 
Bis zur Ablösung mußte ich das Fort, das gänzlich unbefchossen war, besetzt 
halten. Ich erbeutete vier schwere 21-Zentimeter-Kanonen und eine Anzahl 
kleinerer Kaliber, über 100 Gewehre und Pistolen, 500 Granaten und mehrere 
Tausend Gewehrpatronen. Ich wurde erst am nächsten Morgen abgelöst. Wir 
schwelgten inzwischen in den großen Mengen aufgestapelter Vorräte." 
Leutnant von der Linde hat seinen Eltern den Degen des Kommandanten 
und die Fahne des Forts Malonne als Siegestrophäe geschickt.
	        
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