Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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raschen Fall zu Tale zieht. Sattgrüne Wiesengründe, bewaldete Kuppen, 
Glockengeläute, schwerbeladen heranziehende Erntewagen — in alles das ist 
mitten hineingesetzt das ungeheure Getöse des Krieges. 
Das Fenster meines Zimmers, das ich mit 18 Schlafgenossen teile, liegt 
nach der Straße hin; es ist unmöglich jetzt um vier Uhr nachts, Schlaf zu 
finden. Seit einer Stunde marschiert deutsche Artillerie heran. Wer selbst 
Soldat ist, dem imponiert ein größerer Durchzug von Truppen im allgemeinen 
nicht. Was wir aber in dieser Nacht bis zur Mittagsstunde des neuen Tages 
erlebt haben, zählt zu den gewaltigsten Erinnerungen meines Lebens. 
Ich weiß nicht, was mehr diesen tiefen Eindruck auf uns gemacht hat: 
die ungeheuere Zahl der Menschen, Pferde, Kanonen und Wagen, oder die 
wunderbare Ordnung, die diese Massen widerspiegelten. In anto- 
matischer Exaktheit offenbarten sich die Abstände der Marschierenden, mit 
wahrhaft erschütterndem Ernst der W i l l e, der diese Hunderttausende unter 
ein Kommando zwingt. 
Mit jeder neuen Batterie wuchs unser Selbstbewußtsein; die Bevölkerung 
lugte anfänglich verstohlen hinter den Gardinen hervor auf die trutzig heran- 
ziehenden gebräunten Gestalten, aber ihre Zurückhaltung verwandelte sich 
allmählich in Bestürzung, und gegen Mittag, als es sich noch immer nicht 
„erschöpfen und leeren" wollte, in unverhohlene Bewunderung. 
Wir selbst, Angehörige einer Kompagnie, die nur wenige Leute unter 
1,70 Meter Größe zählt, wurden von einem unbeschreiblichen Gefühl der 
Erhebung erfaßt, als Gardeinfanterie in schnellem Tempo heranmarschierte, 
die Offiziere mit jenem Stolze, den Kraft und Würde verleihen; die Mann- 
schaften mit jener zähen Marschenergie, die sich bei großen Anstrengungen 
äußert. „Quelle armee!" klang's aus dem Munde der Einwohner, die 
auf die Straße geeilt waren, „quelle armee \a kam's von den Lippen der 
Damen, die aus den Fenstern schauten. Ja, es wurde uns klar, daß wir zur 
herrlichsten, gewaltigsten Armee gehören, die sich je auf den Marsch begeben hat. 
Laßt mich mit! 
^aßt mich zum Heer,zum deutschen Freiheitsheer, Wenn England geht mit Rußland Hand in 
Laßt in den zweiten Freiheitskampf mich mit! 
Laßt für das Vaterland mich sterben auf dem Mein Vaterland zu Boden schmettern will, 
Meer, Dann laßt auch mich mit in des Feindes Land, 
Laßt sterben mich im Feld im gleichen Schritt, Ich muß ins Feld und halte nicht mehr still! 
Nur laßt mich mit! Ach laßt mich mit! 
Laßt mich nach Frankreich an den gall'schen Ach laßt mich fechten für mein deutsches 
Hahn, Reich, 
Ich will dem Frechling mit Gewalt ans Blut, Und wenn ich sterben muß im blutigen Feld, 
Gebt mir ein Schwert und zeiget mir die Bahn, So laßt mich fallen denn, mir ist es gleich, 
Es gilt das Vaterland, des Deutschen höchstes Wenn nur mein liebes Vaterland nicht fällt! 
Gut! Ach laßt mich mit! 
Ach laßt mich mit! Otto Wolf. 
Der Verfasser hatte sich bei sechs Regimentern vergeblich zum Eintritt gemeldet.
	        
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