Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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mit doppeltem Stolz seinen Arm in der Binde. Auch verwundete Offiziere 
kommen vorbei und unterhalten sich kameradschaftlich mit den Soldaten. Was 
könnte jetzt dem Respekt schaden! Jetzt, nachdem man gemeinsam gekämpft 
und gelitten hat, Mensch neben Mensch. 
Auf jeder Station werden die Soldaten bewirtet. Auch in der Nacht. 
Von Frauen und Mädchen, die „sonst" nie geglaubt hätten, daß es möglich 
ist, ohne Hut im Bahnhof zu stehen. Sonst . . . Heute merkt man nichts 
von Standesunterschieden. Heute sieht man nur Menschlichkeit. Und etwas 
davon bleibt vielleicht doch und überdauert den Krieg. Es könnte auch im 
Frieden zieren. 
Oos Slumental unter 
französischer Herrschaft. 
Von fl. Schaeffer, Vikar. 
Gebweiler, 4.September 1914. 
jlnser Blumental am Fuße des Welchen war zehn Tage lang französisch! 
In Altdeutschland wird man hier und da wohl sich einbilden, wie da 
die alten Erinnerungen mächtig aufloderten, die französischen Fahnen gehißt, 
die Sambre et Meuse gespielt, die Marseillaise gesungen, die Trikolore in- 
brünstig geküßt wurde. Die so denken, täuschen sich. Nichts von alledem. 
Nicht einmal von dem Stadthaus grüßten die blan-weiß-roten Farben. 
Als der französische Wachtposten am Rathaus die Marseillaise anstimmte, 
begleiteten sie die Elsässer — mit klugem Lächeln. Die Franzosen sangen 
allein. Nicht einmal der „Cri seditieuxu ertönte all die zehn Tage hindurch, 
obschon die Stadt von Wächtern des Gesetzes ganz entblößt war. Es gelang 
den Franzosen nicht, Stimmung ins Ganze zu bringen. 
Einer, der das „Vive la France" allzugern aus elsässischem Munde 
gehört hätte, gab einem Jungen ein Stück Schokolade und sagte ihm: „Do, 
Kneckes, schrei' »Vive la France«. Der Junge antwortete prompt: „Merei 
fir de Schokola, awer »Vive la France« derfe mr nit briale (brüllen)." Der 
Franzose, der „Elsässerditsch" sprach, mußte selber lachen. 
Franzosen sahen wir eigentlich nur während zwei Tagen Am 19. August 
kamen die Chasseurs Alpins, nachdem die Stadt schon drei Tage vorher von 
den Deutschen, d. h. deutschen Beamten, geräumt war, die Abhänge des Belchen 
herunter in die Kreisstadt Gebweiler herein. Die Alpenjäger machen einen 
günstigeren Eindruck als die französische Infanterie. Im Nu hatten sie die 
Ausgänge der Stadt besetzt. Die Zivilbehörden wurden auf das Rathaus 
beordert. Der Platzkommandant Valentin nahm offiziell Besitz von der Zivil- 
gewalt. Seine erste Order lautete: „I^es horloges publiques et autres 
devront donner l'heure de France." Das machte, daß alle Uhren um eine
	        
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