Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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jähre. Nur hin und wieder beugte ein altes Mütterchen sein steifes Knie, 
legte ein junges Menschenkind die ersten Feldblumen im Grase nieder. Und 
dann und wann drangen Männerstimmen herauf, spottend, fluchend, seit dort 
drüben die Kamine wuchsen. Und des Abends, wenn die jungen Leute kamen, 
war's nicht besser. Und nun? Wer führt euch her, ihr Beter? 
Der Krieg, der Krieg! 
In den ersten Reihen vorn, auf Baumstämmen kniend, die Kinder mit 
ihren hellen, lauten Stimmen. Ihre Väter zogen schon vor Wochen hinaus. 
„Gegrüßet seist du, Maria ..." Durch die Hände gleiten die Körner des 
Rosenkranzes. „O Maria, hilf" . . . klingt es im Chore nach. Eine alte 
Mutter fährt mit der Spitze des bunten Kopftuches durchs Auge. Ihr Einziger 
denkt vielleicht irgendwo in Feindesland auf einsamer Wacht ans Mutterhaus. 
Oder ruft in den Fieberphantasien schwerer Wunden nach ihr. Oder gar—? 
Seit zwei Wochen kam keine Kunde mehr. „O Maria, hilf!" 
Dort hinten am Gitter des Baches, im Silberhaar die letzten Strahlen 
des matten Scheines, träumt ein alter Krieger von vergangenen Tagen. „Wenn 
ich zwanzig Jahre jünger wär!" Seine Faust ballt sich zusammen . . . „Herr, 
erhöre uns!" Abseits im Grase kniet eine Frau. Ihr Mann — wo mag 
er sein? — Ihre Hände krampfen sich fester zusammen. „Herr, erbarme dich 
unser!" 
Vom Kreuz schaut der ernste Blick des Erlösers nieder. Dort tief im 
Schatten ein mühsam verhaltenes Schluchzen. „In drei Monaten soll Ver- 
lobung sein." Das war sein letztes Wort gewesen. Und nun war er 
fort, ohne Abschied, aus der Kaserne zum Schlachtfeld, der schmucke Kuab' 
vom Husarenregiment. Ob sie ihn jemals wiedersieht? . . . Ein strammer 
Bursche dort, mit goldenem Herzen. Freiwillig hat er sich gestellt. Soll 
weiteren Befehl abwarten. Wie die Tage schleichen! Wie die Schnecken 
neben ihm am Wege, kommt es ihm vor. Hei, das wird ein stolzes Kämpfen! 
Jauchzend rollt ihm das Blut durch die junge Brust. Er betet um Waffen 
für seine Hand und Sieg. 
So kommen sie, alle. Aus den Dörfern und Höfen und Weilern. Wo 
ein Feldkreuz steht, liegen sie betend auf den Knien. Ernst und würdig, 
vertrauend und unverzagt. Hinter dem Heere von Kämpfern steht ein Heer 
von Betern . . . 
Ueber die Berge steigt der Mond. Und in den Abendhimmel tasten die 
Scheinwerfer der nahen Festung mit langen Armen. J. D.
	        
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