Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

284 
Der Krieg hat auch bei uns schwere Schuld aufgedeckt. Unser Volk hat 
selbst sein Urteil sehr deutlich dahin ausgesprochen: so konnte es nicht weiter- 
gehen. Wie oft haben wir Bischöfe in der Not unseres Herzens laut Klage 
erhoben über den Niedergang des religiösen und sittlichen Lebens! Nun hat 
der Krieg die Religion wieder in ihr Recht eingesetzt und mit Feuer und 
Eisen der Menschheit die Gebote Gottes wieder eingeschärft. 
Welch schmachvolle, wegwerfende Behandlung, Entwertung, Verhöhnung 
hatte die Religion sich öffentlich gefallen lassen müssen — nein, haben wir 
uns gefallen lassen in unserer Schwäche und Feigheit! Das ist unsere Schuld, 
unsere größte Schuld. 
Im Gottesgerichte des Krieges ist offenbar geworden, wie gewisse Laster 
am Mark eines Volkes zehren, so daß in der Not seine Kraft versiegt und es 
zusammenbricht. Aber mit tiefster Beschämung müssen wir bekennen: wir 
haben es geschehen lassen, daß eben jene Laster in bedenklichem Grad auch in 
unser Volk eingeschleppt, daß auch bei uns die Ehe entweiht und um ihren 
Kindersegen gebracht wurde. Unsere Schuld, unsere große Schuld. 
Es hat sich gezeigt in diesem Kriege, daß eine Nation nicht furchtbarer 
geschädigt werden kann, als wenn man ihr die religiöse Lebensader unterbindet. 
Aber leider, derartige Bestrebungen sind auch uns nicht ganz fremd geblieben. 
Unheimliche Kräfte arbeiteten auch bei uns auf eine Trennung von Staat 
und Kirche hin, auf möglichste Ausschaltung christlichen Geistes und christlicher 
Grundsätze aus der Jugenderziehung, aus dem öffentlichen und sozialen Leben; 
ihr Ideal ist ein Höchstmaß von Freiheit auch für die gefährlichsten Zeit- 
strömnngen, aber engste Einschränkung und Bevormundung der Kirche und 
der religiösen Lebensregungen. Unsere Schuld, unsere größte Schuld. 
Der Krieg hat vor sein Gericht geladen die moderne, widerchristliche, 
religionslose Geisteskultur, und hat ihren Unwert, ihre Hohlheit und Halt- 
losigkeit, ihre Schuldhaftigkeit aufgedeckt. Aber auch in unser Vaterland war 
diese Kultur schon bedenklich weit eingedrungen, eine ihrem ganzen Wesen 
nach unchristliche, undeutsche und ungesunde Ueberknltur mit ihrem äußeren 
Firnis und ihrer inneren Fäulnis, mit ihrer rohen Geldsucht und Genußsucht, 
mit ihrem ebenso anmaßenden wie lächerlichen Uebermenschentum, mit ihrem 
ehrlosen Nachäffen einer fremdländischen verseuchten Literatur und Kunst und 
auch der schändlichsten Auswüchse der Frauenmode. 
Das ist unseres Volkes und daher unsere große und größte Schuld. Sie 
fordert Buße und Sühne. Unsere Soldaten haben sofort aus dem Kriegsrufe 
den Bußruf herausgehört; daher war ihr erster Gang zum Beichtstuhl. Ihr 
gutes Beispiel hat Nachahmung gefunden in allen Schichten des Volkes. Die 
öffentliche Meinung ist umgeschlagen; es weht ein anderer Geist durch die 
deutschen Gaue, als noch vor wenigen Monaten. 
Aber es wäre eine verhängnisvolle Täuschung, zu meinen, nun sei alle 
Schuld getilgt und das deutsche Volk mit einem Male zu einem neuen, 
besseren Leben wiedergeboren. Langjährige Schuld sühnt nicht kurze Reue. 
Wahre Reue tilgt die Schuld, aber nicht auch jede Strafe. Eines ganzen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.