Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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fangenenkost laufen. Der im Lande sehr billige Rotwein wurde uns auf 
höheren Befehl sehr bald verwehrt. Jede Woche einmal machten wir einen 
Marsch, morgens von 6 bis 8 Uhr. Sonstige Beschäftigung gab's nicht. 
So bildeten sich schnell Tarok-, Skat- und Schachgesellschasten. 
Als unsere Aerzte auf Anfrage von einer Schweizer Bank für IVO M. 
Papiergeld 120 Frs. angeboten bekamen, erhielten wir so erstmalig indirekt 
gute Nachricht aus Deutschland. Die Franzosen gaben uns für 20 M. Gold 
20 Frs. Zweimal wurde gestattet, eine kurze Nachricht an unsere Angehörigen 
zu senden. Es ist aber nur ein Teil an die Empfänger gelangt. Die Be¬ 
wachung besorgten wacklige Territorialtruppen, die bis 48 Jahren alt waren. 
Sie verstanden sich noch nicht mal recht aufs Gewehrladen. Was diese uns 
vom Kriege erzählten und mit welcher Ueberzengnng, war geradezu rührend. 
Wenn man ihnen hätte glauben wollen, gab es überhaupt keine deutschen 
Soldaten und keine Flotte mehr. Schließlich gaben wir uns täglich Preis- 
rätsel auf, was für großartige Siegesnachrichten uns die Franzosen wieder 
bringen würden. Späterhin bekamen wir kleine Erleichterungen. Es waren 
Nachrichten französischer Kriegsgefangener aus Deutschland eingetroffen, in denen 
diese die gute Behandlung rühmten. 
Nach 20 Tagen kam die Befreiungsstunde, aber nur fürs Feldlazarett, 
und nicht ohne daß vorher genau untersucht wurde, wer wirklich dazu gehörte. 
U. a. geschah dies mit Hilfe einer Gruppenaufnahme, die vor dem Ausmarsch 
aus München gemacht war. Die Aerzte mußten sich einer Prüfung ihrer 
Identität unterziehen, ebenso unser Feldgeistlicher, dem man nicht erlaubte, 
Andachten mit den Mannschaften zu halten oder die hl. Messe zu lesen. 
Zu unserem neuen zweitägigen Rücktransport über Rvanne—St. Germain 
—Elermout, dann östlich über Etienne—Lyon—Culoz—Gens—Basel—Freiburg 
bekamen wir für drei Tage Proviant mit, bestehend aus Brot, Hartwurst 
und Käse. In Clermont stiegen noch 20 preußische Leidensgenossen ein. 
Ihnen ist es dort noch viel schlechter ergangen als uns. In 900 Meter 
Höhe haben sie in luftigen Bretterbuden auf Stroh geschlafen. Der geringste 
Verstoß wurde dort mit Arrest bestraft. So bekam ein biederer Thüringer, 
der sich mit einer französischen Feldmütze harmlosen Sinnes die Stiefel ab- 
staubte, nicht weniger als 14 Tage Arrest — die Tat war doch zu beleidigend 
für die grrrande nation! Einen Leutnant haben sie drei Tage eingesponnen, 
weil er seinen Teller versehentlich zerbrach. 
In Clermont und Lyon war nochmals große Kontrolle; trotzdem haben 
wir einen vom Münckener Leibregiment durchgeschmuggelt. 
Auf der ersten Schweizer Station verabschiedeten sich unsere Posten. 
Französisches und schweizerisches Militär gab uns in den v-Zng-Wagen das 
Geleit. Die Stationswachen traten alle unter Gewehr und erwiesen uns 
militärische Ehrenbezeugung. Die Stadt Genf bewirtete uns mit einem tadel- 
losen Abendessen. Aus der Fahrt gab es fernerhin soviel Verpflegung, daß 
unsere kleingewordenen Magen nicht mehr mittun konnten. Das warme feine
	        
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