Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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In einem Krakauer Lazarett. 
71 dj wollte in Krakau Verwundete besuchen. Weit brauchte ich nicht zu gehen, 
^ denn gleich hinter meinem Zimmer in dem früheren Vorlesungssaale 
befinden sich 36 Betten mit Verwundeten. In dem ganzen geräumigen Kolleg 
jder Jesuiten in Krakaus haben wir augenblicklich 230 Kranke in unseren 
Ordenszellen untergebracht. Das große dreistöckige Haus, das vor dem Kriege 
der philosophischen und theologischen Ausbildung der Jugend diente, ist jetzt 
ganz in ein Militärlazarett umgewandelt. 
Unter dem Arme trage ich einen Stoß Kalender, Bücher und Zeitungen. 
Auf dem zweiten Stockwerke betrete ich den Hauptsaal. „Gelobt fei Jesus 
Christus!" „In alle Ewigkeit. Amen!" erscholl es im ganzen Saale als 
Antwort auf meinen Gruß. 
Der erste Kranke, mit dem ich mich in ein Gespräch einließ, war ein 
junger Slowake, dem eine russische Kugel eine Beinverletzung beigebracht 
hatte. Die Wunde war nicht schwer, heilte gut, und der Verwundete war in 
guter Verfassung. 
„In welcher Schlacht wurdet Ihr verwundet?" „Bei Krasnik," lautete 
die Antwort. „Das war eine schreckliche Schlacht. Die Kugeln fielen wie 
der Regen. Am meisten Verletzungen richteten die Schrapnells an. Ohne Gottes 
Gnade wäre ich verloren gewesen, denn eine zweite Kugel traf mich gegen 
das Herz. Doch ..." hier griff mein Slowake in den Rock und zeigte 
mir zwei kleine, ziemlich dicke Bücher. „Sehen Sie. bitte!" Das eine war ein 
dickes Notizbüchlein, welches die Kugel durchschlagen hatte, das andere ein 
slowakisches Gebetbuch, von dem der Deckel und ein paar Seiten ebenfalls 
durchlöchert waren; die folgenden Blätter aber waren ganz unversehrt. Augen- 
scheinlich hatte die Kugel ihre Kraft verloren und war abgefallen. „Diesen 
beiden Büchlein, die ich in der Brusttasche trug," erzählte der Soldat weiter, 
„verdanke ich mein Leben. . . . Gott gebe, daß ich möglichst bald das Bett 
verlassen und wieder gegen die Russen ziehen kann!" So lauteten die letzten 
Worte des geretteten Slowaken. 
Ein anderer Verwundeter, zu dem ich herantrat, antwortete auf meine 
Frage: „Woher seid Ihr?" — „Ich bin ein Masnre aus der Gegend von 
Rzeszow." — „Und wo ward Ihr im Felde?" — „Ich bin nicht verheiratet, 
Hochwürden, ich bin ein Junggeselle, Sie brauchen mich nicht zu siezen." — 
„Wo hast Du dich also geschlagen, mein Lieber?" — „Bei Goraj, noch vor 
Krasnik." — „Woher hast Du die Wunde an der Hand?" — „Das kam so. 
Ein Russe wollte mich mit dem Bajonett durchbohren. Ich griff nach dem 
Bajonett und verletzte mich so; aber gleich entriß ich ihm den Kolben und 
schlug ihn selbst damit nieder." — „Ist denn neben Dir niemand gefallen?" 
— „Doch, unser Herr Major. Das war ein edler und gutmütiger Herr! 
Mir brach fast das Herz vor Schmerz, als ein Schrapnell ihm beide Beine 
wegriß und er uns sterbend zurief: »Brüder, kämpft für das Vaterland . . . 
Gott segne euch!«" — „Und wirst Du nach Hause gehen, wenn Du wieder
	        
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