Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Ein anderer Jugenderzieher läßt sich über das religiöse Leben 
jenseits der blan-weiß-roten Grenzpfähle folgendermaßen aus: 
Das kirchliche Leben, soweit man von ihm sprechen kann (die Männer- 
Welt ist im Kriege oder geflohen) faud ich wenig erbaulich. Nach meiner 
Beobachtung nahmen gewöhnlich fast nur einige alte Frauen am Gottesdienste 
teil. Und die Kinder V Gewiß, es waren ihrer wenige, wohin ich kam (das 
Zweikindersystem macht sich sehr bemerkbar), aber von ihnen wohnten nur 
etliche dem Gottesdienste bei. Sich die Feldgrauen in ibrem Treiben zu be- 
sehen, schien ihnen lieber zu sein, als für ihre kämpfenden Augehörigen die 
h. Messe zu besuchen. Religionslose Schule! — Wohl gibt es auch hier 
wirklich fromme Leute. Eine ältere, vornehme Dame, die sich voll Anerkennung 
über die religiöse Haltung deutscher Truppen äußerte, meinte, es sei unbegreiflich, 
daß die französische Regierung auch jetzt noch die Religion, ihre beste Hülfe 
und Verbündete, von sich weise. Jossre preise die Todesverachtung der deutschen 
Soldaten. Ja, woher haben diese sie denn anders, als durch das lebhafte 
Gottvertrauen, das sie beseelt, sie groß und stark macht! Noch zehrt Frank- 
reichs Heer in etwa an dem religiösen Fonds der Schule vergangener Tage. 
Wie lange noch? 
Stimmungsvoll wird ein zerstörtes Familienglück geschildert: 
Ein heißer Tag geht zur Neige. Am fernen Westhimmel senkt still die 
Herbstsonne ihren müden Blick zur Ruhe. Wie unendlich viel des Grausens 
und Eleuds hat sie heute geschaut. Es ist, als wende sie sich nun mit Ent- 
setzen weg von der Erde, wo der Krieg mit ehernem Griffel seine blutsarbenen 
Runen eingräbt in die Geschichte großer Völker. — 
Im Ärgonnenwald legt der stille Mond seinen Silberschein gleich einem 
Leichentuche über das bleiche Antlitz eines jungen Helden. Noch im Tode 
umschließt seine Rechte ein schlichtes Kreuzlein und seine linke das Bild seines 
gütigen Weibes und seines unmündigen Sprößlings, in dessen Gesicht unver- 
kennbar des Vaters Züge eingemeißelt sind. Was mag hier eines Mannes und 
Vaters Herz empfunden haben, da es sterbend brach? — Schweigsam, wie 
gebannt, umstehen die wettergebräunten Kameraden den teueren Verblichenen, 
bis sich ihr Schmerz Bahn bricht aus tiefbewegter Brust. Dann segnen sie 
mit Tränen die Leiche ein in der Erde Schoß. — Kriegszeit, harte Zeit! 
Daß Lehrer auch ihre musikalischen Kenntnisse zu verwerten 
wissen, zeigt folgende Mitteilung: 
Vor einigen Tagen habe ich einen Chor in meiner Kompagnie gegründet. 
Unser Hauptmann, dem wir ein Ständchen brachten, zollte uns viel Anerkennung 
und Dank. Er äußerte den Wunsch, wir möchten die Lieder am nächsten 
Abend Seiner Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen vortragen. Am nächsten 
Tage entwickelte sich nun eine regere Ueberei, so daß meine Sänger bald 
um ihre schönen Stimmen kamen. Ich habe hier ein brillantes Stimmmaterial. 
Unser Revier, ein französischer Vereinssaal, wurde prächtig dekoriert. Seine 
Kaiserliche Hoheit freute sich, seine Wachtkompagnie singen zu hören und 
erschien pünktlich zur angesagten Stunde: Freitagnachmittag 5 Uhr. Ich
	        
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