Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Tode? Um 11 Uhr waren in dem Orte, in dem wir dieses unvergeßliche 
Weihnachtsfest verlebten, alle Lichter erloschen; totenstill lag das in Trümmer 
gesunkene Dorf M. H. 
»X 
27. Dezember 1914. 
Es war, als wenn der Himmel selbst für die Weihnachtstage ein Frie- 
densgebot an die Kämpfenden gerichtet hätte, denn einen dichten Nebelschleier 
senkte er am 23. herab, der bis zum 25. hängen blieb. Und wie auf still- 
schweigende Verabredung schwieg in diesen Tagen der Kanonendonner, nur 
aus der Ferne ganz selten einmal ein vereinzelter Schuß. Und der Wald, 
dessen Echo sonst nur Tag für Tag der Knall aus dem Munde der Geschütze 
weckt, hallte wider von Weihnachtsgesängen: Stille Nacht, heilige Nacht! 
O du selige, o du fröhliche, Gnaden bringende Weihnachtszeit! Kein Konzert, 
keine Kirchenfeier, kein Familienfest so ergreifend wie diese Männerchöre, von 
rauhen Kehlen gesungen, zuweilen unharmonisch durcheinander wogend. Man 
sah Tränen in manchen Augen. 
Und wie der Abend sich niedersenkt, beginnen die Lichter zu flammen. 
In allen Erdlöchern zündet man die Bäumchen an: Tannenbäumchen, auf 
französischer Erde gewachsen, aber hergerichtet für die deutsche Weihnachtsfeier, 
mit dem Flitter geschmückt, den uns die Liebesgaben-Pakete gebracht haben. 
Und wieder schallen die Weihnachtsgesänge. Man spricht von der Heimat, 
vom Frieden. 
Die Vaterstadt hatte viele Liebesgaben-Pakete an meine Adresse gesandt. 
Die stärkere Hälfte habe ich meiner Kompagnie verteilt, den Rest dem Bataillon 
überlassen. Hier hat mancher reichere Gaben erhalten, als er sie wohl je zu 
Hause empfangen hat. Etwas wahrhaft Erhebendes hat doch diese allgemeine 
Opferwilligkeit an sich, diese Einheit von Volk und Heer, dieses Näherrücken 
von Mensch zu Mensch. Ich empfand das auch, als ich von verschiedenen 
Mannschaften zu ihrer Weihnachtsfeier gebeten wurde. Es wurde fidel. Die 
Spielleute kommen. Mund- und Ziehharmonika erschallen, ein Marsch, ein 
Walzer nach dem andern, und der Tambour tut sein Bestes. Drei Jnstru- 
meute bedient er zugleich mit flinken Händen. Vor sich hat er seine Trommel 
gesetzt, rechts hat er ein Kochgeschirr hingepflanzt, links eine Flasche aufgehängt. 
Das sind die drei Instrumente, die er mit seinen Schlägern rührt: die kleine 
Trommel wird zur großen, das Kochgeschirr zur kleinen, und die Flasche zum 
Eymbalum. 
Am Abend des 25. fanden wir Offiziere und Offizier-Stellvertreter uns 
zu einer letzten Feier zusammen. Unter dem niedrigen Balkendach saßen wir 
um den runden Tisch, Kerzen in Flaschenhälse gesteckt waren die Leuchter. 
Die Laute erklang, und die schönen alten deutschen Lieder schallten in die 
stille Nacht hinaus . . . Von einem Kölner Landwehroffizier.
	        
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