Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

des Panslawismus willenlos der russischen Knute unterwerfen lassen wollten. 
Für Oesterreich-Ungarn ist es eine Lebensfrage, daß Rußland nicht Herr wird 
auf der Balkanhalbinsel. Denn dessen Panslawismus zielt nicht nur auf die 
Unterjochung der balkanischen Slawenvölker, sondern ebenso auf die der öftere 
reichischen: Galizien sollte russisch werden, Bosnien, Herzegowina, Dalmatien^ 
Kroatien und Slawonien sollten Serbien als russischem Vasallenstaate zufallen 
Wenn das geschah, war Oesterreich vernichtet, und die gewaltige Kulturarbeit^ 
welche es auf dem Balkan geleistet hatte, wäre vergeblich gewesen. 
So gelang es den Franzosen, Rußland zu gewinnen für einen gemein- 
samen Krieg gegen Oesterreich-Ungarns Verbündeten, das Deutsche Reich. 
Doch, um diesen aussichtsvoll zu machen, mußte Rußland erst wirtschaftlich 
und militärisch entwickelt werden. Frankreich lieh deshalb auf dem Wege von 
Anleihen nach und nach Rußland nicht weniger als 13 Milliarden Mark, 
welche teils zu militärischen Rüstungen, teils zu strategischen Eisenbahnbauten 
verwendet wurden. 
Aber auch dieser Zweibund von Frankreich und Rußland schien nicht zu 
genügen, um einen Sieg über Deutschland und Oesterreich, welche zudem mit 
Italien zusammen den Dreibund bildeten, völlig sicher zu machen. Ein dritter 
sollte noch gewonnen werden: England. Aber zwischen England und Frank- 
reich herrschten seit Menschenaltern, ja seit Jahrhunderten ebenso scharfe Gegen- 
fätze wie zwischen England und Rußland. Nun gab sich die französische 
Diplomatie an die Arbeit, diese Gegensätze zu überbrücken. Es gelang ihr 
zuerst, mit England zu einer „Entente" zu gelangen, welche bei Gelegenheit 
der Regelung der Verhältnisse von Marokko im Jahre 1904 zu einer „Entente 
Eordiale", einem „herzlichen Einverständnis", erweitert wurde, welche ganz un- 
gescheut ihre Spitze gegen Deutschland richtete. Doch blieb England noch stark 
zurückhaltend gegenüber dem französischen Liebeswerben, bis ein anderer Ge- 
dankengang in England Macht zu gewinnen begann. 
Seit langem schon hatte England mit Neid das Aufblühen des deut- ' 
scheu Wirtschaftslebens betrachtet, welches alsbald nach der Gründung 
des neuen Deutschen Reiches eingesetzt hatte. Mehr und mehr wnrde Englands 
Anteil am Welthandel beschnitten durch den Anteil, den Deutschlands Industrie 
und Handel durch größere Tüchtigkeit, Betriebsamkeit und Wagemut sich er- 
rangen. Es war ein ehrlicher und friedlicher Wettkampf und Deutschlands Wett- 
bewerfe in der ganzen Welt durchaus loyal. Aber für Englands Profitsucht wurde 
er mehr und mehr unbequem, und immer stärker kam in England der Gedanke 
zur Geltung, Deutschland — Recht hin, Recht her — niederzuschlagen, ehe 
es das Uebergewicht erlangt hätte. Dieser englische Handelsneid wurde 
schließlich die letzte und wichtigste Ursache zum Kriege. Als Deutschland 
sich eine Flotte schuf, um seinen Handel zu schützen, wurde das für eine „Be- 
drohuug Englands" erklärt, die verhindert werden müsse. Zum Träger dieses 
Gedankens machte sich König Eduard VII. von England. Als „Handelsreisen- 
der für das große englische Weltgeschäft" bereiste er ganz Europa, um Deutsch- 
land „einzukreisen". Alle Staaten rings um Deutschland herum sollten ge-
	        
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