Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

124 
es regnete ununterbrochen. Gerade im Begriff, zur Ruhe überzugehen, wurden 
wir durch heftiges Gewehrfeuer überrascht. Unsere vorgesandten Patrouillen 
meldeten, daß sich vor uns starke feindliche Kräfte festgesetzt hätten. Also 
hieß es zunächst abwarten. 
Die ganze Nacht hindurch waren wir in steter Gefechtsbereitschaft, jede 
Minute erwarteten wir einen feindlichen Vorstoß. Aber der Feind dachte 
daran anscheinend gar nicht. Was überhaupt allgemein bei uns schon auffiel: 
niemals wurden wir angegriffen, immer waren wir die Angreifer. Nur über- 
schüttete er uns stündlich mit einem Hagel von Geschossen, aber ohne Wirkung, 
denn wir hatten in dieser Nacht auch keinen einzigen Verlust zu verzeichnen. 
So erwarteten wir mit Sehnsucht den kommenden Morgen, um aus dem Un- 
gewissen herauszukommen. Gegen 4 Uhr morgens entwickelten sich in aller 
Stille die ersten Züge der Kompagnien, denen immer mehr und mehr folgten, 
bis wir schließlich die ganzen Höhen, so gut es ging, besetzt hatten. Wie 
erstaunt müssen die Gegner gewesen sein, als sie bei Tagesanbruch die vor- 
liegenden Höhen von einer so starken Kette besetzt sahen. Es war aber nur 
eine deutsche Brigade. So lagen wir da und hielten die ganze Schlacht, bis 
gegen 10 Uhr vormittags unsere Verstärkung in Eilmärschen heranrückte. Ohne 
Artillerie und ohne Maschinengewehre vermochten wir den Feind in Schach 
zu halten. Todesmutige Sturmangriffe und wiederholtes Vorschieben unserer 
Schützenlinien, inmitten von feindlichen Schrapnells und Granatenhagel, ver- 
hinderte ein Vorgehen des weitaus an Zahl überlegenen Gegners. Minuten 
wurden zu Stunden, aber ausharren mußten wir. Durften wir doch unter 
keinen Umständen die Höhe preisgeben. Wie eine eiserne Kette lagen wir da 
und richteten unsere Gewehre, wie auf dem Schießstand. 
Da endlich kamen unsere anderen Regimenter. Wie hatten wir sie herbei- 
gesehnt! Welche Wirkung muß unser wohlgezieltes Feuer gehabt haben? Ich 
habe es mit eigenen Augen am folgenden Tage sehen können. Die Franzosen 
lagen Mann neben Mann, wie sie ausgeschwärmt waren, in der Schützenlinie; 
teils noch im Anschlag, teils kniend hatten unsere Kugeln sie erreicht. Doch 
auch in unsern Reihen hat der Schnitter Tod seine Ernte gehalten, ein großer 
Teil unserer tapfern Offiziere sollte fortan nicht mehr unser Führer sein. 
Manch braver Kamerad, der noch in frühester Morgenstunde freudig das Kom- 
maudo: „Auf die vorliegenden Straßendeckungen schwärmen, marsch, marsch!" 
vernommen hatte und unentwegt seinem Zug- und Gruppenführer gefolgt war, 
war nicht mehr unter den Lebenden. 
In lebhaftem Andenken lebt bei mir die Heldengestalt unseres Kompagnie- 
chess, ein Muster von Soldat bis ins kleinste. Fest aufrechtstehend, wie auf 
dem Exerzierplatz, erteilte er feine Befehle in der Schützenlinie. Uns auf- 
munternd, und immer wieder an ruhiges Zielen erinnernd, verfolgte er mit eiserner 
Ruhe den Fortgang des mörderischen Kampfes, derweil Feuer und Blei rechts 
und links, hinten und vorne uns umstoben. Allein mit Gottes Hülfe konnte 
er feine wenigen Getreuen, die noch geblieben waren, gegen Abend zum Sammel- 
platz führen. Das Eiserne Kreuz schmückte fortan seine Brust. Große Freude
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.