Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Ich bin überzeugt, daß ihr, wenn es dieser Feldzug noch erfordert, eure Regimentsgeschichte 
mit neuen Ruhmesblättern füllet. Wenn der Krieg zu Ende ist, sehen wir uns wieder. D e r 
Feind wird unter allen Umständen geschlagen. 
Ein sommerlich warmer Tag, der 1. November 1914. Eine seit 14 
Tagen von den Deutschen besetzte belgische Stadt zeigt militärisches Gepräge. 
Munitions- und Proviantkolonnen passieren die Stadt. Rote-Krenz-Wagen 
mit der Flagge der Genfer Konvention bringen Verwundete vom nahen 
Schlachtfeld, und der Kanonendonner dröhnt dumpf und wuchtig durch die 
Luft. Plötzlich heißt es: „Der Kaiser kommt!" Die Belgier stecken ihre 
Köpfe zusammen. Wie sieht er aus? Ist es wahr? wird man gefragt. 
Truppen stehen um die Stadt zum Marktplatz ... und Punkt 3 Uhr erscheint 
der Kaiser im Automobil, umgeben von seinem Stab. Der Kaiser sieht ganz 
vorzüglich aus. Frisch und fast sorglos heiter schreitet er wie bei der Parade 
die Front ab und begrüßt jeden Truppenteil mit einem kräftigen „Guten 
Tag, Kameraden!", dem ein kräftiges „Guten Tag, Majestät!" entgegenschallt. 
Viele Soldaten und Offiziere werden ins Gespräch gezogen. Zum Schluß 
versammelten sich alle Offiziere um ihren obersten Kriegsherrn, der etwa 
folgendes sagte: 
Mit Freuden habe ich gehört, daß sich die Kavallerie tadellos geschlagen 
hat. Der Kavallerie ist in diesem Kriege eine Aufgabe zuteil geworden, wie ich sie nicht ge- 
glaubt hätte. Ich hoffe, daß die Kavallerie noch Gelegenheit haben wird, von ihrer Lanze 
Gebrauch zu machen, wenn es mit der Hülfe des lieben Gottes, der uns schon so viele Er- 
folge gegeben hat, gelingen wird, den Feind zu umkreisen. 
In etwa gleicher Entfernung von Lille und dem heiß umkämpften Arras 
liegt der Eisenbahnknotenpunkt Douai, der sich in deutschem Besitz befindet, 
aber zu den besonders erstrebten Zielen der französischen Durchbruchs- 
versuche gehört. Die Deutschen in Douai wußten wohl, daß General Joffre 
damit rechnete, ihnen zu Weihnachten die Stadt wieder zu entreißen; um so 
größer mag ihre Freude gewesen sein, als sie in den Feiertagen nicht durch 
den französischen Generalissimus, sondern durch den obersten Führer des deut¬ 
schen Heeres besucht wurden. Am zweiten Feiertag war der Kaiser dort und 
ließ in den Parks und Straßen das Korps vorüberziehen. Vor den Fahnen 
entblößte er das Haupt. Die eine war nur noch ein Stock. Dann ging er 
mitten in den ziemlich schmalen Straßen mit seinen Herren und dem Prinzen 
Eitel Fritz weiter. Ei, wie da die Hände an die Helme flogen! — Hurra! 
brauste es aus den Soldatenkehlen. Und das in einer französischen Stadt, 
die die Franzosen zu Weihnachten wieder zu besitzen hofften! An ein Regi- 
ment hielt der Kaiser später eine Ansprache, in der er betonte, daß wir einem 
tapferen Gegner gegenüberständen, daß aber der Krieg nicht früher aufhören 
werde, als bis wir den Frieden diktieren könnten. 
Das Weihnachtsfest beging der Kaiser inmittender Soldaten, die zum 
Hauptquartier gehören. In einer weiten, über und über mit Tannengrün 
Thiffen, Mit Herz und Hand fürs Vaterland. 8
	        
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