Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Uns treibt nicht Eroberungslust, uns beseelt der unbeugsame Wille, den Platz zu be- 
wahren, auf den uns Gott gestellt hat, für uns und alle kommenden Geschlechter. Aus den 
Schriftstücken, die Ihnen zugegangen sind, werden Sie ersehen, wie Meine Regierung und 
vor allem Mein Kanzler bis zum letzten Augenblick bemüht waren, das Aeußerste abzuwenden. 
In aufgedrungener Notwehr, mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert. 
An die Völker und Stämme des Deutschen Reiches ergeht Mein Ruf, mit gesamter 
Kraft, in brüderlichem Zusammenstehen mit unseren Bundesgenossen zu verteidigen, was wir 
in friedlicher Arbeit geschaffen haben. Nach dem Beispiel unserer Väter fest und getreu, ernst 
und ritterlich, demütig vor Gott und kampfesfroh vor dem Feind, so vertrauen wir der 
ewigen Allmacht, die unsere Abwehr stärken und zu gutem Ende lenken wolle! 
Auf Sie, geehrte Herren, blickt heute, um seine Fürsten und Führer geschart, das 
ganze deutsche Volk. Fassen Sie Ihre Entschlüsse einmütig und schnell — das ist Mein 
inniger Wunsch. 
Zum erstenmal erhob der Kaiser seine Stimme, und tiefe innere Ent- 
riistung klang durch seine Worte durch, als er von Rußland sprach. Man 
hörte ordentlich das Knirschen des inneren Menschen, als er voll Abscheu der 
alten Freundschaft gedachte, die zerbrochen sei. Dröhnender Beifall unterbrach 
immer wieder des Kaisers Worte, und es sprach feste Zuversicht und Ver- 
trauen zu unserer Armee aus diesem begeisterten Beifall. 
Der Kaiser klappt die Mappe zusammen. Einen Augenblick nur hält 
er inne. Da packt es ihn nochmals, und frei, ganz spontan und natürlich 
wendet er sich nochmals an die versammelten Herren: 
Sie haben gehört, Meine Herren, was Ich zu Meinem Volke vom Balkon des 
Schlosses aus gesagt habe: Ich wiederhole es hier vor Ihnen: Ich kenne keine Parteien 
mehr, Ich kenne nur Deutsche. Und zum Zeichen dessen, daß Sie fest entschlossen 
sind ohne Parteiunterschiede, ohne Standes- und Konfessionsunterschiede zusammenzuhalten, 
mit Mir durch Dick und Dünn, durch Not und Tod zu gehen, fordere Ich die Vorsitzenden 
der Fraktionen auf, vorzutreten und Mir dies in die Hand zu geloben. 
In atemloser Stille und tiefer Ergriffenheit verharrt die Versammlung, 
bis der Kaiser jedem einzelnen der Fraktionsvorsitzenden — alle Parteien 
sind anwesend, mit Ausnahme der Sozialdemokratie — mit kräftigem Druck 
die Hand geschüttelt hat. Dann durchbraust, vom Augenblick eingegeben, der 
feierliche Gesang „Heil dir im Siegerkranz" den Saal — und Helme, Hüte 
und Hände fliegen in die Höhe vor Begeisterung. 
Bevor das Leibregiment der Hohenzollern, das erste Garderegiment zu 
Fuß, seine Garnison Potsdam verließ, verabschiedete sich der Kaiser als Chef 
des Regiments von seinen Grenadieren mit folgender Ansprache: 
Das Schwert soll entscheiden, das Ich jahrzehntelang in der Scheide gelassen habe. 
Ich erwarte von Meinem 1. Garderegiment zu Fuß und Meiner Garde, daß sie ihrer glor- 
reichen Geschichte ein neues Ruhmesblatt hinzufügen werden. Die heutige Feier findet uns 
im Vertrauen auf den höchsten Gott und in Erinnerung an die glorreichen Tage von 
Leuthen, Chlum und St. Privat. 
Unser alter Ruhm ist ein Appell an das deutsche Volk und sein Schwert, und das 
ganze deutsche Volk bis auf den letzten Mann hat das Schwert ergriffen, und so ziehe Ich 
denn das Schwert, das Ich mit Gottes Hilfe Jahrzehnte in der Scheide gelaffen habe. (Bei 
diesen Worten zog der Kaiser das Schwert aus der Scheide und hielt es hoch über seinem 
Haupte.)
	        
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