Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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Wie steht jetzt im Lichte der heutigen Entwicklung Kaiser Wilhelm II. vor 
den Zweiflern seines eigenen Volkes und den Neidern und Hassern des 
Auslandes da! Seine Friedensliebe hat er bis zum letzten Augenblick 
in einer Weise betätigt, welche ihm den Dank und die Bewunderung aller 
wahren Friedensfreunde eintragen muß, wenn es noch ein Gefühl für Ge- 
rechtigkeit in der Welt gibt. Sein im entscheidenden Augenblick der Oeffent- 
lichkeit übergebener Depeschenwechsel mit dem russischen Zaren ist dafür ein 
weltgeschichtliches Dokument, welches Bände redet. 
Aber ebenso ist der Vorwurf, daß der Kaiser schwankend und zaghaft 
in seinen Entschlüssen sei, in der glänzendsten Weise für jeden, der sehen will, 
widerlegt worden. Nachdem alle Versuche, das Furchtbarste von Europa 
abzuwenden, gescheitert waren, hat Kaiser Wilhelm keinen Augenblick länger 
gezögert, das zu tun, was Bundestreue und Selbsterhaltungstrieb von dem 
Herrscher des mächtigen Deutschland forderten; er hat entschlossen sein scharfes 
Schwert in die europäische Wagschale geworfen. Der weise Friedensfürst ist 
jetzt zum Kriegsfürsten geworden, weil Ehre und Interesse Deutschlands 
es gebieterisch erforderten. 
Auch des Kaisers erster Ratgeber, der Kanzler des Reiches, steht 
heute vor aller Augen als ein Mann da, wie die große Zeit ihn erheischt. 
Wie viel ist auch im Julande über den „langen Bethmann" gespöttelt worden, 
der immer nur Kompromisse abschließen, nie durchgreifen wolle, dem es an 
Entschlußkraft und Energie mangele, der immer nur forwurstele, ein Kleber 
von minderer Güte, ein schwächlicher und unwürdiger Nachfolger des einen 
und einzigen großen Kanzlers. 
Die, welche so gesprochen und so geschrieben haben, werden dem fünften 
Reichskanzler heute Abbitte zu leisten haben. Ja, Hr. von Bethmann war nie 
ein Phrasenmacher und Blender; er ist ohne viel Lärm seines Weges gegangen, 
nur geleitet von dem hohen Verantwortungsgefühl, welches diesem ernsten 
Manne eigen ist. Und in der Entscheidungsstunde, in welcher er dem Kaiser 
als treuer und weiser Berater zur Seite stand, hat er auch markige und 
packende Worte gefunden, um das auszusprechen, was heute alle guten Deut- 
schen bewegt. Mehr als eines dieser Worte wird dauernden Wert und in 
der Geschichte dieser Schicksalstage seine Stelle behalten. 
Mit vollberechtigtem Stolz und festem Vertrauen kann in diesen kritischen 
Zeiten Alldeutschland auf seinen Kaiser und dessen Kanzler blicken. Das 
Steuer des Reichsschiffes ist in guten Händen. Glückhafte Fahrt unter dem 
Schutze dessen, der Wind und Wellen gebietet! -I. B. 
Der Kaiser hat an den Reichskanzler zu dessen Geburtstag am 29. No- 
vember 1914 folgendes Telegramm gerichtet: 
Ich komme an der Spitze des Deutschen Reiches heute zu Eurer Exzellenz mit 
Glückwünschen besonderer Art. Um das Staatsschiff durch die Stürme der Zeit glücklich 
in den Hafen zu steuern, dazu gehört Glück, und dazu bedient sich die Vorsehung der
	        
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