Volltext: Mit Herz und Hand fürs Vaterland!

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dem Japan es nicht lassen konnte, seine ungeheuere örtliche Uebermacht zu 
benutzen, um Tsingtan zu überfallen und wegzunehmen, so beweist das eben, 
daß es doch noch lange nicht die Kulturnation ist, die zu sein es sich einbildet. 
Die Bündnispflicht, die es gegenüber England übernommen haben mag, ist 
selbstredend nur ein vorgeschobener Grund. Die einzige Entschuldigung, welche 
es hat, ist, daß es von England zu seinem Bündnis und dem darauffolgenden 
Streich gegen Tsingtan veranlaßt worden ist. Mit einem gewissen Rechte 
konnte es denken, daß es nicht notwendig habe, zivilisierter und anständiger 
zu sein als der englische Lehrmeister. 
Freilich ist auch das richtig, daß der Fall von Tsingtau auf den großen 
Gang der Ereignisse in Europa keinen Einfluß haben wird. Die logische 
Folge wäre ein Aufraffen Chinas, um die Japaner, welche die Neutralität 
Chinas bei ihrem Vorgehen durch Gewaltakte verletzt haben, als wenn China 
Niemandsland wäre, in ihre Schranken zurückzuweisen und die Engländer aus 
Hongkong wegzufegen. Doch dazu wird es Wohl nicht kommen, da China 
durch die ewigen, von Rußland, England und Japan dauernd unterstützten 
und angestachelten Unruhen allzu sehr unterwühlt ist, um irgendwie zu einer 
derartigen Kraftentwicklung fähig zu sein. In dem Entscheidungskampfe 
zwischen Deutschland und England, der in Flandern und Frankreich ausge- 
fochten wird, wird der Fall von Tsingtau keinerlei Bedeutung haben, jeden- 
falls keine Bedeutung zu unseren Ungunsten. 
Trotzdem sie ihren Platz nicht halten konnten, haben auch die Helden 
von Tsingtau ihrem Vaterlande ruhmvoll genutzt. Ohne Hoffnung haben sie 
gekämpft. Wir konnten ihnen nicht helfen; ein Entsatz durch uns war ganz 
undenkbar. Trotzdem haben sie bis zum letzten Augenblick ausgehalten, ge- 
kämpft mit dem Aufgebot der äußersten Kraft. Sie haben nicht gezittert noch 
gezagt. Nicht eine einzige Blöße haben sie sich gegeben gegenüber dem Ueber- 
mute der Japaner. Als echte Soldaten sind sie unterlegen. Die Waffen, 
die ihnen bereitet waren, haben sie bis zum äußersten ausgenutzt. 43 Tage 
lang hat die Belagerung gedauert. Wer hätte das gedacht! Am wenigsten 
haben es die Japaner gedacht, welche höhnend versprachen, Tsingtan ihrem 
Mikado zum Geburtstage, am 31. Oktober, als Geburtstagsgeschenk zu Füßen 
zu legen. Daß das nicht gelang, hat sie aufs äußerste erbittert und äuge- 
stachelt, so daß sie keine Opfer an Menschen mehr scheuten. Der endliche 
Sieg war ihnen ja sicher. 
Schweren Schaden haben die Belagerten dem Feinde zugefügt, bis die 
Feste fiel. Eine ihnen angebotene ehrenhafte Kapitulation haben sie empört, 
doch in würdigster Form zurückgewiesen. Denn nach der Kapitulation hätten 
sie ihrem Vaterlande nichts mehr nützen können. So zogen sie vor, aus- 
zuharren und zu kämpfen bis zum unvermeidlichen Fall, wie es ihr Führer, 
Meyer-Waldeck, in einem Telegramm an den Kaiser gelobt hatte: „Ich 
stehe ein für Pflichterfüllung bis zum Aeußersteu." 
Durch diesen zähen Widerstand, diese standhafte Ausdauer, diesen wahren 
Heldenmut haben sie den Respekt vor ihrem Vaterland gemehrt, man kann
	        
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