Strafrecht.
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8 5. Sollte bei besonders verwickelten Fällen eine ausführlichere Aufnahme
der Verhandlung nothwendig sein, so kann ausnahmsweise das Protokollar—
Verfahren in Anwendung gebracht werden; es hat sich jedoch dasselbe jedenfalls
nur auf die Erhebung der wesentlichen Umstände zu beschränken. J
Uebrigens müssen auch in diesen Fällen die zur Verhandlung kommenden
Uebertretungen in dem Strafregister ersichtlich gemacht, und daher gleich bei Ein—
leitung des Verfahrens die vier ersten Rubriken desselben, und nach geschlossenem
Verfahren die Rubriken VII, VIII, Neund X ausgefüullt werden, so daß also bei
Einleitung des Protokollar-Verfahrens nur die beiden Rubriken V und VI außer
Anwendung kommen. In der Rübrik XII ist anzumerken, daß das Protokollar—
Verfahren eingeleitet wurde.
8 6. Die Behörden haben sich gegenwärtig zu halten, daß in der Beschleuni—
gung des Verfahrens die Grundbedingung für die Aufrechthaltung des Ansehens
des verletzten Gesetzes und der Wirksamkeil der verhängten Strafe liege.
Es müssen daher alle zur Sache nicht wesentlich gehörigen Erhebungen und
Vernehmungen vermieden werden, und es ist dahin zu trachten, daß das Verfahren
mit einer einzigen Verhandlung beendigt, und sogleich am Schlusse derselben das
Erkenntnis den Beschuldigten verkündet werde, was nach der Natur der zur ppoliti—
schen Amtshandlung gehörigen Uebertretungen in der Regel leicht ausführbar ist.
Jede nicht durch besondere Umstände gerechtfertigte Verzögerung ist an dem
schuldtragenden Beamten angemessen zu ahnden.—
8 7. Zur Verhandlung in den Uebertretungsfällen, auf welche sich die
gegenwärtige Verordnung bezieht, ist die Beiziehung eines Protokollführers nicht
erforderlich.
88. Nach Beendigung der Strafverhandlung ist den hiebei Betheiligten
auf Verlangen statt des Urtheiles ein Auszug aus den Rubriken II, IV, VI,
VII. VIII und LX auszuhändigen.
89. In Recursfällen ist der zur Entscheidung über den Recurs berufenen
Behörde der bezügliche Bogen des Strafregifters im Originale mit den etwaigen
dazu gehörigen Acten vorzulegen. .
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Das durch diese Ministerial-Verordnung vorgeschriebene Verfahren mag sich
für die politischen und polizeilichen Staatsbehörden, sowie für Gemeinden mit einer
ausgedehnteren Strafpraxis immerhin als sehr zweckmäßig erweisen. Für Ge—
meinden jedoch, in welchen localpolizeiliche Uebertretungsfälle nur seltener zur
Strafbehandlung der Gemeindevorstehung gelangen, scheint sich das Register—
verfahren viel weniger zu empfehlen, indem dasselbe zur vollständigen Klarstellung
des Uebertretungsfalles und der Beweismomente mit lapidarischer Kürze einer
ganz eigenartigen Federgewandtheit bedarf, die sich nur bei längerer praktischer
Uebung vollständig aneignen läßt.
Wenn das Protokollar-Verfahren. bei politischen Strafamtshandlungen
wohl auch mit möglichst summarischer Kürze zum Ausdrucke zu kommen hat, so
werden sich doch viele Gemeindevorstehungen in ihrer Strafpraxis mit diesem Ver—
fahren viel leichter und besser zurechtfinden. ———
Im Protokollar-Verfahren können mit dem Beschuldigten und den Zeugen
besondere Protokolle aufgenommen, es können aber auch die Aussagen dieser Per—