Volltext: Erläuterungen zur Gemeindeordnung

Verordnungsrecht des Gemeinde-Ausschusses. 409 
Erhöhung ihres Hebammengehaltes von Seite des Gemeinde-Ausschusses 
nicht eingegangen, indem nach 8 29 G. O. nur der Gemeinde-Ausschuß über 
die Bezüge der Gemeindebediensteten zu entscheiden hat. 
Die Bestellung von Gemeinde-Polizeidienern wird bei Punkt 3 näher 
besprochen. I 
2. Erlassung ortspolizeilicher Vorschriften. 
Den zur Handhabung der Ortspolizei bestehenden Gesetzen sind in der Regel 
aur die allgemeinen Verhältnisse zugrunde gelegt. Die Eigenartigkeiten der ein— 
zelnen Gemeinden und Orte können hiebei nicht immer berücksichtigt werden, indem 
sich sonst das Gesetz oft eine unlösbare Aufgabe stellen, oder maßlos bis zur all— 
gemeinen Unfaßlichkeit ausdehnen würde. Die Gesetzgebung hat demnach den Ge— 
meinden das Recht gegeben, jene durch specielle Verhältnisse der Gemeinden gebotenen 
ortspolizeilichen Anordnungen zu treffen, auf welche das Gesetz selbst im besonderen 
nicht bedachtnehmen konnte. In mehreren Gesetzen werden die Gemeinden zur 
Erlassung specieller Vorschriften ausdrücktich verpflichtet, wie z. B. durch die 88 17 
und 18 der Feuerpolizei-Ordnung vom 2. Februar 1873, nach welchen der Ge— 
meinde-Ausschuß für jede geschlossene Ortschaft mit wenigstens 20 Häusern eine 
eigene Löschordnung zu geben und allgemeine Anordnungen für die Lärmzeichen 
bei Feuersbrünsten zu treffen hat.“. I 
Das Verordnungsrecht der Gemeinde theilt sich zwischen Gemeinde-Ausschuß 
and Gemeindevorstehung; es beschränkt sich jedoch für letztere gemäß 8 56 G. O. 
nur auf den Fall der Dringlichkeit und ist für alle übrigen Fälle der Competenz 
des Gemeinde-Ausschusses vorbehalten. 
Der Gemeinde-Ausschuß darf bei Ausübung des Verordnungsrechtes weder 
über den Bereich der zum selbständigen Wirkungskreise der Gemeinden gehörigen 
Ortspolizei, noch über den Umfang der eigenen Gemeinde hinausgehen. Eine vom 
Gemeinde-Ausschusse erlassene Vorschrift, daß das Betreten des in einer anderen 
Gemeinde gelegenen Gemeindewaldes zur Schonung der Baumpflanzen untersagt 
und die Uebertretung dieses Verbotes mit 2, fl. bestraft werde, wäre aus doppelten 
Gründen nicht executierbar, indem ein solches Verbot über die Grenze der Orts⸗ 
polizei und der eigenen Gemeinde hinaus in das Gebiet der Forstpolizei und in 
das einer fremden Gemeinde hinübergreift. 
Die Vorschrift des Gemeinde-Ausschusses muß zugleich auf dem Boden 'eines 
giltigen ortspolizeilichen Gesetzes und mit keiner Bestimmung desselben im Wider— 
spruche stehen. Ein allgemeines Arbeitsverbot für abgebrachte Feiertage ist undurch— 
führbar, weil es über die Schranke der in Ansehung der Sonn- und Feiertage 
bestehenden gesetzlichen Bestimmungen hinaustritt und diesen geradezu widerstreitet. 
Die angedrohte Strafe darf den Geldbetrag von 10 fl. oder die Arrest— 
dauer von 48 Stunden nicht überschreiten. 
Das Ministerium des Innern hat mit Entscheidung voms8. September 1870, 
3. 9218 (V. 3. Nr. 40), den Grundsatz ausgesprochen, daß nach 8 32 G. O. 
für die Nichtbefolgung ortspolizeilicher Verfügungen nur eine Geldstrafe bis 10 fl. 
oder eine Arreststrafe bis zu 48 Stunden, nicht aber die Confiscation
	        
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