Strafrichteramt in Handhabung der Dienstbotenordnung.
Zur Hintanhaltung solcher Unzukömmlichkeiten hat das k. k. Oberlandes—
gericht in Wien die Präsidien der vier Gerichtshöfe in Oberösterreich ersucht, die
uͤnterstehenden k. k. Bezirksgerichte aufmerksam zu machen, bei Verhandlungen in
Dienstlohnstreitigkeiten in Gemäßheit der 88 1,12 und 48 der Jurisdictionsnorm
die Zuständigkeit des Civilrichters einer genauen Prüfung zu unterziehen.
Ueber Ersuchen des k. k. Oberlandesgerichtes in Wien fand sich der Landes—
ausschuß auch seinerseits vexanlaßt, die Gemeindevorstehungen und zwar mit Erlaß
vom H. April 1895, 3. 4758, anzuweisen, Entscheidungen in Dienstlohnstreitigkeiten
den Parteien stets schriftlich und in einer solchen Form hinauszugeben, daß aus
dem Inhalte des betreffenden Schriftstückes in einer jeden Zweifel ausschließenden
Weise entnommen werden kann, daß thätsächlich eine Entscheidung des Ge—
meindevorstehers in erster Instanz vorliegt. *
Hinsichtlich der execufiven Einbringung einer von der Gemeindvorstehung
zuerkannten Lohnforderung wurde mit Erlaß des Landesausschusses vom 26. April
1883, 3. 4283, bemerkt, daß die Gemeindevorstehung gemäß 8 80 G. O. nur
solche liquide Leistungen, die für Gemeindezwecke stattzufinden haben, nicht aber eine
Privatforderung, als welche sich die Lohnforderung darstellt, im Wege der politischen
Execution hereinbringen könne, und daß sich demnach die Partei zur executiven
Einbringung der Lohnforderung unter Vorlage des rechtskräftig gewordenen Erkennt—
nisses der Gemeindevorstehung an das k. k. Bezirksgericht zu wenden habe.
Dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. October
1887, 3. 2684, ausgespochen, daß, nachdem die Dienstbotenordnung keinerlei Be—
stimmung darüber trifft, in welcher Weise die in Anwendung derselben auferlegten
Schadenersätze einzubringen sind, die Anordnung des 8 3 der kaiserlichen
Verordnung vom 20. April 1854 (R. G. Bl. Nr. 96) Anwendung zu— finden
habe, nach welcher bei verweigerter oder verzögerter Leistung die politische Be—
hörde berechtigt ist, nach fruchtloser, unmittelbar oder durch die Gemeindeorgane
geschehener Einmahnung die Executionsmittel in Anwendung zu bringen
6. Strafrichterant.
Das strafrichterliche Amt der Gemeindevorstehung ist als Executivgewalt ein
ergänzender Bestandtheil der polizeilichen Amtswirksamkeit in Handhabung der
Dienstbotenordnung. Competent für das Strafverfahren ist, gleichwie für die
polizeilichen und civilrichterlichen Amtshandlungen, die Gemeindevorstehung
des Dienstortes. W
Die Landesregierung für Kärnten erkannte jedoch in einem speciellen Falle
durch Bestätigung der Recursentscheidung der Bezirkshauptmannschaft, daß bei
Entweichung eines Dienstboten in eine andere Gemeinde die Strafcompetenz sich
theile und daß die Entweichung von der Gemeindevorstehung des verlassenen Dienst—
ortes, die Aufnahme des entwichenen Dienstboten aber von der Gemeindevorstehung
des Aufnahmsortes zu bestrafen ist. (V. 3. 1876 Nr 33)3.
Nach 8 39der Dienstbotenordnung kann eine Arreststrafe bis zu 8 Tagen
verhängt und mit Beobachtung der Bestimmungen des Strafgesetzes durch Fasten
verschärft werden.