Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

Die Kritik der Lehre Schopenhauers. 
527 
i Parerga II. Cap. VIII. § 117. S. 243. 
Weltideen!" Es giebt demnach solcher einzigen Ausnahmen recht viele 
in Schopenhauers Philosophie. 
4. Die Individualität im Dinge an sich. 
Das Ding an sich ist das All-Eine, unabhängig von aller 
Vielheit, als welche nur möglich ist in Zeit und Raum. Diese aber 
sind die Formen des Jntellects, der die Individualität, die individuelle 
Willensbejahung und Willenserscheinung zu seiner Voraussetzung hat. Es 
giebt demnach eine Individualität, unabhängig von Raum und Zeit: 
die sreie That, welche den individuellen Charakter eines jeden macht, 
die gewollte Individualität, deren Wurzeln hinabreichen bis in das 
Ding an sich. Schopenhauer giebt diese sehr überraschende Erklärung, 
die mit dem Fundamente des ganzen Systems streitet: „Hieraus folgt 
nun, daß die Individualität nicht allein auf dem principio indi- 
viduationis beruht und daher nicht durch und durch bloße Erscheinung 
ist; sondern daß sie im Dinge an sich, im Willen des Einzelnen wurzelt: 
denn sein Charakter selbst ist individuell. Wie tief nun aber hier ihre 
Wurzeln gehen, gehört zu den Fragen, deren Beantwortung ich nicht 
unternehme/" Welche vage Ausdrucksweise, die erstens die Individualität 
nicht bloß auf Zeit und Raum beruhen, sondern auch unabhängig 
davon im Dinge an sich gegründet sein, zweitens aber dahingestellt 
sein läßt, wie tief sie hier wurzelt! 
Zu der Individualität gehört auch ihre intellectuelle Begabung 
mit der Erkenntniß, die daraus hervorgeht, den Werken, die dadurch 
erzeugt werden, den Verdiensten, die sich auf diese Werke gründen. 
Nun hat die Lehre Schopenhauers in ihrem ganzen Verlauf uns nicht 
oft und nachdrücklich genug einschärfen können, daß der Jntellect von 
secundärer Beschaffenheit und lediglich organischer Herkunft sei, daß 
derselbe zu der Erscheinung, zu dem Grade der Willensobjectivation 
gehöre und in keiner Weise zum Dinge an sich. Der Wille ist man, 
den Jntellect hat man. Jetzt wird im Widerstreite mit dem Funda 
mente des ganzen Systems das Gegentheil behauptet: daß nämlich 
„alle echten Verdienste, die moralischen wie die intellectuellen, nicht 
bloß einen physischen oder sonst empirischen, sondern einen metaphysischen 
Ursprung haben, demnach a priori und nicht a posteriori gegeben, 
d. h. angeboren und nicht erworben sind, folglich nicht in der bloßen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.