Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

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Die Bejahung des Willens zum Leben. 
in einer Reihe interessanter und berühmter Beispiele ihre intelleetuelle 
Gemeinschaft: so viele begabte Mütter und höchstbegabte Söhne. Hier 
hätte die Mutter der Gracchen nicht unerwähnt bleiben und Goethe 
nicht bloß genannt, sondern dessen eigenes Zeugniß angeführt werden 
sollen; es giebt keines, das die Lehre Schopenhauers unmuthiger und 
sprechender beurkundet: 
Vom Vater hab' ich die Statur, 
Des Lebens ernstes Führen, 
Vom Mütterchen die Frohnatur 
Und Lust zu fabuliren. 
Urahnherr war der Schönsten hold, 
Das spukt so hin und wieder; 
Urahnfrau liebte Schmuck und Gold, 
Das zuckt wohl durch die Glieder. 
Sind nun die Elemente nicht 
Aus dem Complex zu trennen, 
Was ist denn an dem ganzen Wicht 
Original zu nennend 
Wenn die Natur nicht verfälscht wird, so besteht zwischen Vater 
und Sohn eine moralische Verwandtschaft ganz anderer Art, als das 
Band zwischen Sohn und Mutter: daher sind die Söhne die berufenen 
Rächer der Väter, wie Orest und Hamlet. An dieser Stelle mag 
Sckopenhauer wohl als ein drittes Beispiel solcher Sohnespflicht sich 
selbst im Sinne gehabt haben. 
Die Zeugungskräfte der Eltern bleiben im Lause der Zeit nicht 
gleich kräftig, sondern werden durch Alter geschwächt, durch Krankheiten 
u. a. verkümmert. Hieraus erklärt sich sowohl die Ungleichartigkeit 
der Geschwister von verschiedenem Alter als auch die Gleichartigkeit 
und „Quasi-Identität" der Zwillinge. Im übrigen herrscht zwischen 
den Kindern eine gewisse Gleichartigkeit der vererbten Eigenschaften, die 
sich nicht wiederum auf neue Individuen fortpflanzen lassen, ohne die 
Eigenthümlichkeit der letzteren und dadurch die Species selbst zu depra- 
viren: daher ist die Geschwisterehe naturwidrig, denn sie widerstreitet 
dem Gattungszweck. 
Das menschliche Geschlecht würde unfehlbar verbessert werden, 
wenn man durch eine Auslese der zeugenden Individuen bewirken könnte, 
daß nur Männer von tüchtiger Willens- und Leibesbeschaffenheit mit 
gescheidten und gesunden Weibern gepaart würden. Plato- in seiner 
- Zahme Xenien. Abth. VI. Nr. 383.
	        
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