Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

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Wille und Kausalität. 
Zehntes Capitel. 
Wille und Causalitat. Der Primat des Willens. 
I. Die Grundlehre in kürzester Fassung. 
1. Herschel. Zwei Grundirrthümer. 
Von einem Abschnitte seiner Schrift „Ueber den Willen in der 
Natur" hat Schopenhauer erklärt, daß darin der Grundgedanke seiner 
Lehre sowohl in Hinsicht auf Faßlichkeit als auf Evidenz in das hellste 
Licht gestellt sei, weshalb derselbe die ungetheilte Aufmerksamkeit des 
Lesers verdiene. Dieser merkwürdige Abschnitt heißt: „Physische 
Astronomie" und stützt sich auf den Ausspruch des berühmten John 
Herschel, der in seinem «treatise on astronomy» (1833) geurtheilt 
hatte, daß der Fall der Körper kraft ihrer Schwere das unmittelbare 
oder mittelbare Ergebniß eines Bewußtseins und eines Willens sei, der 
irgendwo existire, wenngleich wir nicht vermögen ihn auszuspüren. Daß 
unter diesem Willen nicht der göttliche zu verstehen war, lag auf der 
Hand, da über die Existenz und Erkennbarkeit des letzteren Herschel 
sich nicht so unbestimmt und fraglich ausgedrückt haben würde. Auch 
waren seiner Schrift deshalb heftige Einwürfe gemacht worden. Offen 
bar meinte er, daß die Kraft der Gravitation, welche die Bewegungen 
der Himmelskörper lenkt, in dem eigenen Willen der Körper selbst zu 
suchen sei. Dies war der Punkt, in welchem Schopenhauer seine Lehre 
durch den Ausspruch eines berühmten Astronomen bestätigt sah. 
Daß Herschel gesagt hatte „Bewußtsein und Wille", war nur die 
Wiederholung jenes bekannten Grundirrthums der ganzen bisherigen 
Metaphysik, die den Willen vom Bewußtsein und Denken nicht zu 
trennen vermocht hat. Außerdem hatte er seinen wahren Ausspruch 
aus einer falschen Voraussetzung abgeleitet, da er unsere bewußten 
Willensactionen, die Krastanstrengung, womit wir auf die Körper außer 
uns einwirken, die Erfahrung dieser unserer eigenen Thätigkeit und 
Kraft für die Quelle nahm, woraus der Begriff der Eausalität hervor 
gehe. Als ob die Eausalität aus irgend welcher Erfahrung hergeleitet 
werden könnte, da doch alle Erfahrung nur durch die Anwendung der
	        
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