Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

284 
Der Wille in der Natur. 
und Grundlosigkeit aller Kräfte überhaupt? Doch haben wir die Lehre 
noch nicht zu beurtheilen, sondern erst darzustellen, wie sie aus dem 
Geiste des Philosophen hervorging. 
Der empfundene Mangel haftete nicht bloß an einer Stelle, sondern 
das ganze zweite Buch war der Ergänzungen, Verdeutlichungen und 
sachlichen Ausführungen weit bedürftiger als die drei anderen. Daher 
kam es, daß Schopenhauer eine neue Auflage des Hauptwerkes so 
dringend herbeiwünschte; daß er zu dem zweiten Buch eine Reihe 
eingehender „Ergänzungen" schrieb, die sich am Ende dergestalt vermehrt 
hatten, daß sie an Umfang mehr als das Doppelte des ganzen zweiten 
Buchs betrugen, sie waren auch verhältnißmäßig die umfänglichsten 
aller Ergänzungen; endlich war die Folge, daß seine erste Schrift seit 
dem Hauptwerke, die nach einer siebzehnjährigen Pause erschien, „Ueber 
den Willen in der Natur" handelte? 
Das Büchlein sollte in der kürzesten und deutlichsten Darlegung 
seine Metaphysik „gleichsam in nuce" enthalten, sie betrug von dem 
Umfange des zweiten Buchs und aller dazu gehörigen Ergänzungen nur 
etwa die Hälfte; zugleich sollte dasselbe zeigen, daß, wenn auch die 
Werke Schopenhauers unbekannt geblieben, doch der Inhalt seiner 
Grundlehren von vielen Seiten bestätigt werde: durch die empirische 
Naturwissenschaft, die Sprache, die bisher unerklärten, aber sicheren That 
sachen des animalischen Magnetismus, endlich durch religiöse Lebens 
und Weltanschauungen, zu denen sich der größte Theil der Menschheit 
bekenne. Demgemäß theilte sich das Werk in die sieben Rubriken: 
„Physiologie nnd Pathologie, Vergleichende Anatomie, Pflanzen 
physiologie, Physische Astronomie, Linguistik, Animalischer Magnetis- 
mus und Magie, Sinologie". 
II. Religion, Sprache, Magie. 
1. In diesem letztgenannten Abschnitte hat Schopenhauer zum 
ersten mal die Uebereinstimmung zwischen den Grundüberzeugungen 
seiner Philosophie und den im chinesischen Reiche, dem größten der 
Welt, verbreiteten Glaubenslehren ausgesprochen und beurkundet. Erst 
nach der Herausgabe seines Hauptwerkes hatte er aus den Berichten 
englischer Forscher in den Asiatic Researches, namentlich des Jndologen 
H. Th. Colebrooke, und aus den zahlreichen Schriften des Isaak Jakob 
1 Vgl. oben Buch I. Cap. V. S. 77 flgd.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.