Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

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Die Welt als Wille. 
auch der Gebende und der Tod das große reservoir des Lebens ist, 
daher also, daher, aus dem Orkus kommt alles, und dort ist schon 
jedes gewesen, das jetzt Leben hat: — wären wir nur fähig, den 
Taschenspielerstreich zu begreifen, vermöge dessen das geschieht: dann 
wäre alles klar." 1 
Achtes Capitel. 
Die Welt als Wille. Die Metaphysik der Natur. 
I. Die Realität der Außenwelt. 
1. Der Leib als Wille. 
In der Außenwelt erscheint uns die Materie in zahllosen Gestalten 
und Zuständen, beide in unaufhörlichem Wechsel. Die Gestalten, wie 
wir sie auf der Erde in der Bildung der Minerale, Pflanzen und 
Thiere vor uns sehen, sind die Formen, die Reihe ihrer verschiedenen 
Zustände die Veränderungen der Körper. Demgemäß zerfällt alle 
Naturwissenschaft in die Morphologie, d. i. die Lehre von den Formen, 
die man auch Naturbeschreibung oder Naturgeschichte zu nennen pflegt, 
und die Aetiologie, d. i. die Lehre von den Ursachen: die Gebiete 
der ersten sind Mineralogie, Botanik, Zoologie und Anthropologie, 
die der zweiten Mechanik, Physik, Chemie und Physiologie. Die 
organischen Formen pflanzen sich auf dem Wege der Abstammung und 
Zeugung fort; die mechanischen Ursachen wirken durch Kräfte, deren 
constante von gewissen Bedingungen abhängige Erscheinungsformen 
Naturgesetze genannt werden, deren Wesen aber der äußeren Betrachtung 
unzugänglich und darum unbekannt ist und bleibt. Die Naturlehre 
wimmelt von einem Heer solcher Kräfte: lauter qualitates oecultae. 2 
Daher ist alle Naturerklärung (wie ein berühmter Physiker unserer 
Tage auch gesagt hat) im Grunde nichts anderes als Naturbeschreibung. 
Die Außenwelt, um mit Schopenhauer zu reden, gleicht einem Schloß, 
das der forschende Wanderer von allen Seiten sehr genau in Augen 
schein nimmt, und dessen Fayaden er skizzirt, dessen Inneres aber ihm 
ewig verborgen bleibt. So verhalten sich die Naturforscher zur Sinnen 
welt. Auch von den Philosophen vor ihm, wie Schopenhauer findet, 
- Ebendas. S. 529-580. - - S. oben Buch II. Cap. VI. S. 241.
	        
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