Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

Die Lehre von der menschlichen Glückseligkeit. 245 
Und da der Text dieses Buches in den Erfahrungen besteht, die wir 
machen, und welche selbst auf dem Fundamente unserer empirischen An 
schauungen beruhen, so konnte Schopenhauer auch sagen, daß die alleinige 
Aufgabe der Philosophie das richtige und universelle Verständniß der 
Erfahrung selbst sei: es ist die Erfahrung nicht im Einzelnen, sondern 
im Großen und Ganzen, worauf Schopenhauer seine Metaphysik gründet; 
es ist nicht die äußere Erfahrung, sondern die innere, der Blick in 
die Tiefe unseres eigenen Wesens, der uns das Grundgeheimniß der 
Dinge enthüllt: jene zeigt uns den Weg, diese giebt uns den Schlüssel zur 
Lösung der metaphysischen Frage. Es ist derselbe Weg, den auch Faust, um 
zu erkennen, „was die Welt im Innersten zusammenhält", glücklich ge 
funden hat, Dank dem „erhabenen Geist", der ihn geleitet: 
Du führst die Reihe der Lebendigen 
Vor mir vorbei und lehrst mich meine Brüder 
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen. 
Dann führst du mich zur sicheren Höhle, zeigst 
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust 
Geheime tiefe Wunder öffnen sich. 
Siebentes Capitel. 
Mir Lehre von der menschlichen Glückseligkeit. 
I. Die Eudämonologie. 
Daß wir geboren sind, um glücklich zu sein, ist der unserem Dasein 
eingepflanzte, uns angeborene Grundtrieb und Grundirrthum, woraus 
die sehr natürliche Frage hervorgeht: was sollen wir thun, um unser 
Leben auf die angenehmste und glücklichste Art einzurichten? Das 
Thema dieser Frage ist unsere Glückseligkeit oder Eudämonie, die Be 
antwortung derselben, nämlich die Anleitung zum möglichst angenehmen 
und glücklichen Leben, gleichsam die Methodenlehre der Eudämonie ist 
die „Eudämonologie", welche Schopenhauer gemäß seiner Lehre 
von der praktischen Vernunft in den „Aphorismen zur Lebensweisheit", 
dem populärsten und umfangreichsten seiner Parerga, ausgeführt hat? 
1 Parerga und Paralipomeua. (4. Aufl. F. A. Brockhaus 1878.) Bd. I. 
S. 829-530.
	        
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