Volltext: Schopenhauers Leben, Werke und Lehre [9. Band, zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage] (9,2 / 1898)

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Propädeutik. 
die vierfache Wurzel des Satzes vom Grunde; die Geltung des letzteren 
reicht so weit als das Gebiet unseres Vorstellungsvermögens und er 
streckt sich demnach auf alle Objecte, aber auch nur auf diese. 
2. Die vierfache Wurzel. 
Wie die Art und Weise des Vorstellens, so die des Vorgestellten 
oder der Objecte, denn Object sein heißt für ein Subject sein, diese 
beiden stehen in durchgängiger Wechselbeziehung, und keines ist je ohne 
das andere. Nun spaltet sich unser Vorstellungsvermögen in die vier 
Arten des denkenden, des anschauenden, des sinnlich asficirten (Em 
pfindung) und des selbstbewußten; demnach wird es vier Arten der 
Objecte geben: Begriffe, reine Anschauungen, sinnliche Anschauungen 
und das Subject als Gegenstand des Selbstbewußtseins. Diesen müssen 
vier Arten des Satzes vom Grunde (des Vorgestellt- oder Begründetseins) 
entsprechen: darin besteht die Schopenhauersche „Tetraktys". 
„Unser erkennendes Bewußtsein, als äußere und innere Sinnlichkeit 
(Receptivität), Verstand und Vernunft auftretend, zerfällt in Subject 
und Object und enthält nichts außerdem. Object für ein Subject sein 
und unsere Vorstellung sein ist dasselbe. Alle unsere Vorstellungen sind 
Objecte des Subjects, und alle Objecte des Subjects sind Vorstellungen. 
Nun aber findet sich, daß alle unsere Vorstellungen unter einander in einer 
gesetzmäßigen und der Form nach a priori bestimmbaren Verbindung 
stehen, vermöge welcher nichts für sich Bestehendes und Unabhängiges, 
auch nichts Einzelnes und Abgerissenes Object für uns werden kann. 
Diese Verbindung ist es, welche dest Satz vom zureichenden Grunde 
in seiner Allgemeinheit ausdrückt. 1,1 
3. Tie Arten des Grundes und deren Ordnung. 
Zunächst unterscheiden wir zwei Arten des Grundes: warum wir 
so und nicht anders urtheilen, und warum etwas so und nicht anders 
ist oder geschieht; jenes ist der Erkenntnißgrund (ratio cognoscendi), 
dieses der Sachgrund (Ideal- und Realgrund). Der Sachgrund spaltet 
sich wieder in den Grund des Seins und den des Geschehens (ratio 
essendi und fiendi). Da nun alles Geschehen theils in Veränderungen 
(der Materie), theils in Handlungen (thierisch-menschlichen Actionen) 
besteht, so zerfällt der Grund des Geschehens oder Wirkens, die Ursache 
im weitesten Sinn (causa), in die physikalischen Gründe und die Be 
weggründe (Motive), welche letztere im Menschen vermöge der ihm 
- Ebendas. Cap. III. § 16.
	        
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