Volltext: Deutsche Siedlung im Osten [34]

verstreichen lassen. So sind die herrlichen Errungenschaften der 
letzten Jahrhunderte des Mittelalters verloren gegangen; unzählige 
deutsche Ansiedelungen im Osten sind aufgegeben worden, die den 
Deutschen ein ausgedehntes Wirtschaftsgebiet sicherten und dem 
Mutterlande eine Schutzwehr gegen die Gewalten des Ostens 
geworden wären. Zugleich sind ausgedehnte Gebiete dem Einfluß 
fremder, unserem Kulturkreise fernstehender, ja feindlicher Kräfte 
überlassen worden. 
Die bedauernswerten Versäumnisse von Jahrhunderten konnte 
die gewiß sehr verdienstvolle Sorge Karls VI., Maria Theresias 
und Josefs II. um die Besiedelung ihrer Länder nicht vollständig 
gutmachen; sie war viel zu beschränkt und vermochte nur teil¬ 
weise die Lücken zu ersetzen, die dem Deutschtum des Ostens durch 
die Verluste seit 1500 geschlagen worden waren. Immerhin war 
durch diese Bemühungen das deutsche Element in Angarn neu 
gestärkt, in Galizien so gut wie neu angepflanzt, in der Bukowina 
faßte es wieder festen Fuß, ja es drang auch wieder in die 
Moldau, die Walachei und Südrußland. Aber Rumänien zogen 
die Deutschen selbst in die Dobrudscha. Nach der Besetzung 
Bosniens begann auch die deutsche Ansiedelung in Bosnien, 
nachdem schon viel früher unter Karl VI. die leider nur kurze 
Blütezeit der „Deutschenstadt" in Belgrad durch zielbewußte 
Kolonisation hervorgerufen worden war. Ebenso zogen Deutsche 
in die anderen Balkanländer. *) 
Wie sehr in diesen Gebieten deutsche Kulturarbeit auch in 
neuerer Zeit unter günstigen Verhältnissen Boden fassen konnte, 
dafür ist die im äußersten Osten Österreichs gelegene Bukowina 
ein klassisches Beispiel. Das Land gehörte bis 1774 zur türkischen 
Moldau und hatte mit ihr durch Jahrhunderte unter unzähligen 
Kriegswirren und schrecklicher Mißwirtschaft zu leiden. Nach der Be¬ 
setzung durch Österreich erhielt die neue Provinz zuerst eine militärische 
Verwaltung; Kaiser Josef dachte damals daran, die Bukowina 
und das östliche Galizien überhaupt zu militarisieren. Zur Zeit 
dieser Verwaltung sind die festen Grundlagen für die Einrichtung 
und Kultivierung nach deutschem Muster gelegt worden. Deutsch 
0 3m Jahre 1914 wohnten in Angarn etwa 21/2 bis 3 Millionen 
Deutsche, in Galizien etwa 100000, in der Bukowina an 80000, in Rumä¬ 
nien endlich gegen 50000. Ihre Anzahl in den Balkanländern läßt sich 
auch nicht annähernd feststellen.
	        
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