Volltext: Deutsche Siedlung im Osten [34]

And gestehen wir es nur ein: unser Denken, unser Wollen, unser 
Empfinden haben sich von Grund aus gewandelt, seit wir Welt¬ 
politik treiben, seit wir, wie ein scharfsinniger Ausländer sich aus¬ 
drückt, der Amerikanisierung des Lebens anheimfielen. Wo ist 
das Deutschland geblieben mit seinen Schillerfeiern, seinen Schützen¬ 
festen, seinen Turnerbünden und dem Wehen der schwarzrot¬ 
goldenen Fahnen I Wir haben einfach keine Zeit mehr für solche 
Dinge, lesen lieber den Kurszettel, interessieren uns für die ameri¬ 
kanische Tarifreform und sind über die englischen Parteien und 
ihren Anhang trefflich orientiert." 
Für den innigen Zusammenschluß mit Österreich und für die 
Wahrung der deutschen Belange im Osten treten ebenso auch 
andere Stimmen ein. Man lese z. B. den prächtigen Artikel von 
Lermann Oncken: „Deutschland und Österreich seit der Gründung 
des neuen Reiches" („Deutsche Rundschau" 1911). Beachtens¬ 
wert sind auch die Ausführungen von G. Markell (Berlin- 
Friedenau) in „Mitteilungen aus der historischen Literatur", 
Bd. 42 (1914), S. 193 f. Roch kräftigere Töne schlägt das 
Organ des Deutschföderalen Verbandes, die in Kassel erscheinende 
Zeitschrift „ Das ganze Deutschland" an (z. B. in der Nummer 4/5 
von 1913). 
Für diesen Amschwung der Gesinnung sind zwei Amstände 
maßgebend geworden. 
Vor allem haben die politischen Verhältnisse immer klarer 
darauf verwiesen, daß nur in einem engen und aufrichtigen 
Bündnisverhältnisse des Deutschen Reiches und Österreichs das 
Leil liege. Kurz und bündig bringt dies ein Artikel in „Das 
ganze Deutschland" zum Ausdruck: „Entweder das ganze 
Österreich steht mit dem deutschen Volke im engsten Zusammen¬ 
hang oder wir sind nichts." Wie man sieht, handelt es sich nicht 
etwa um die Verwirklichung der sogenannten alldeutschen Ideen, 
sondern um den Zusammenhalt mit dem 1866 ausgeschiedenen 
Gesamtreiche der Labsburger, wie er sich gegenwärtig so glänzend 
bewährt. Sowohl in diesem Artikel wie in jenem von Oncken 
werden wir daran erinnert, daß es schon Bismarcks Plan ge¬ 
wesen war, das völkerrechtliche Bündnis in staatsrechtliche Formen 
hinüberzuleiten. Lier möge nur noch der Schluß der Studie von 
Schüßler angeführt werden: „Als unsere Aufgabe aber sollen wir 
es ansehen, über den kühlen Rechnungen über den Nutzen und 
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