Volltext: Dordrecht [1/2]

17. Jahrhundert zurückversetzen möchten. Als schöne Beispiele sollen die 
Säuser Groenmarkt 43 und Wijnstraat 59 (Taf. 15) genannt werden, wenn 
auch bei diesem (von zirka 1530) Fenstereinteilung und Türe jüngeren Da 
tums sind. Wie der Renaissanceeinfluß sich langsam durchsetzte, zeigt uns 
die durch die Restaurierung leider etwas hart anmutende Giebelfront des 
Sauses „de Crimpert Salm" (1608, Vischmarkt 3) (Taf. 16). Mit ihren 
breiten horizontalen Sausteinbändern, den auffigurierten Konsolen ruhenden 
Fensterumrahmungen und dem breiten mit Löwenköpsen geschmückten 
Rustikaarchitrav ist das Saus ein typisches Beispiel des holländischen 
Renaifsance-„Treppengiebels" aus dem 17. Jahrhundert. Erwähnung ver- 
dientnoch,daß die Rundbogen oberhalb der Fenster mit farbigen,oft glasierten 
Backsteinmosaiken geschmückt sind, ein dekoratives Motiv, das sich beim 
Wohnhaus dieser und früherer Zeit in vielen südholländischen Städten 
findet. Auch das 18. Jahrhundert ist durch die Giebelhäuser Borstraat 140 
(Taf. 17) und Wijnstraat 81 (1766) sehr gut vertreten. Mit seinen ruhigen 
Proportionen, dem spärlichen Schmuck des Dachgesimses und über dem 
Mittelsenster, mit der vorzüglichen alten Türe, zu der einige Stufen mit 
schönem, schmiedeeisernem Geländer führen, ist dieses in dem vielleicht 
etwas nüchternen, aber einfach-vornehmen Louis XV.-Stil ausgeführt, 
der in Solland vielen Bauwerken dieser Art ihr eigentümliches Gepräge 
verliehen hat. Lind diese Beispiele sind nur aus der Fülle herausgegriffen. 
Immer wieder wird das Auge durch überraschende Details, inalerische 
Durchblicke oder vergessene alte Ecken neu entzückt. Die krummen Neben 
straßen mit ihren oft beängstigend überhängenden Säusern, wo das Leben 
noch ein ruhigeres gemütlicheres Tempo zu haben scheint, die Aussicht 
vom Kai über das weite Wasser, die sich spiegelnden Giebel dem Safen 
entlang, das alles übt einen eigentümlichen Zauber in der durchsichtigen 
Klarheit des Sonnentages wie in den grauen Nebelschleiern des Wolken 
himmels. Lind gleitet das Boot an einem stillen Sommerabend über den 
Fluß heran, dann steigt aus der friedlich-gedämpften Traulichkeit an 
seinem Llfer in den grüngelben Abendhimmel die mächtige schwarze Sil 
houette des schweren Turmes: der Turm des Jan van Goyen und Jacob 
Maris, der über alle Jahrhunderte der gleiche geblieben ist, der treue 
Wächter des alten Dordrecht.
	        
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