Volltext: Die Schweiz im Weltkrieg [61]

das deutsche Vorgehen nicht von vornherein befolgt wurde, hängt 
mit der besonderen Situation der schweizerischen Wirtschaft zu¬ 
sammen, die zur Zeit, als die erste Anleihe nötig wurde, in der 
Panik lag; inzwischen hat man sich mit einer neuen Anleihe doch 
an das Volk gewandt. Der Grund dafür liegt nicht darin, daß 
die schweizerische Wirtschaft inzwischen so günstige Erfahrungen 
gemacht hätte wie etwa die schwedische, sondern eher darin, daß 
man nun annähernd weiß, was man verloren hat und noch ver¬ 
lieren wird und mit dem Rest rechnen kann. Die innere Anleihe 
bedeutet außerdem eine nationale Stärkung gegenüber jenem Teil 
des Auslandes, der für die äußere Anleihe in Betracht käme 
und mit dem man zur Zeit ernsthafte Differenzen hat. Nebenher 
nahm man die nationale Opferwilligkeit für eine Kriegssteuer in 
Anspruch; der Ertrag wird die Zinsen für die ganze vermutliche 
Kriegsausgabe auf ein Zahr decken. 
In die nationale Schadenrechnung schlägt außerdem mit sehr 
hohen Summen der Verdienstausfall der Bundesbahnen, der 
Zölle, der Post, der Äotellerie und der gesamten Industrie. Es 
hat noch niemand den Mut gehabt, die Gesamtziffer auch nur 
von fern anzusprechen. Lier ist der zweite Punkt, wo die bundes- 
rätliche Politik zur Diskussion steht. Zu Beginn des Krieges 
übertrugen die Räte dem Bundesrat die Generalvollmacht für 
alle Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung der eidgenössischen staat¬ 
lichen Souveränität und zur Behauptung der konstitutionellen 
Neutralität. Für diese gab es Landesgesetze, an die die Behörde 
nach wie vor gebunden blieb, für jene internationale Konventionen 
und Handelsverträge, die für die Schweiz weiter in Kraft be¬ 
standen, da sie kein kriegführender Staat ist und mit sämtlichen 
Nationen nach wie vor freundschaftliche Beziehungen unterhält. 
Aus diesen Verträgen stehen ihr sehr klar die Rechte der fort¬ 
gesetzten freien Ein- und Ausfuhr und der Durchfuhr zu, sogar 
von Munition und Waffen, und die moralische Pflicht, auf die 
Erfüllung der Pakte im Interesse des Landes in jedem Fall zu 
dringen. Wie man weiß, trat ziemlich bald eine kriegführende 
Partei, die in der Lage war, die schweizerische Einfuhr zu regu¬ 
lieren, mit der Zumutung an die eidgenössische Bundesregierung 
heran, ihrer Gegenpartei eine Reihe von Waren zu sperren; 
hinter der Zumutung stand die Drohung, der schweizerischen Wirt¬ 
schaft die Lebensmittelzufuhr abzuschnüren. Die betreffende Mächte- 
Schaffner, Die Schweiz im Weltkrieg 2 \}
	        
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