Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Bismarckzeit 
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1879 mit einer Denkschrift an Deutschland heran, die darauf hinaus 
kam, Deutschland möge seine wohlwollende Vermittlerrolle, die es 
auf dem Berliner Kongreß gespielt habe, auch auf die weiteren 
Kommissionsverhandlungen ausdehnen. 
Bismarck, damals in Kissingen zur Kur, übte kühle Zurück 
haltung. Dem russischen Geschäftsträger in Berlin, v. Arapow, sollte 
vorsichtig und vertraulich gesagt werden 1 , Deutschland sehe sich 
jetzt zur Zurückhaltung genötigt, nachdem sein Verhalten auf dem 
Berliner Kongreß in der öffentlichen Meinung und Presse Rußlands 
eine keineswegs freundschaftliche Würdigung gefunden habe; 
Deutschland müsse seine Beziehungen zu anderen Mächten jetzt vor 
sichtiger behandeln, als es früher bei seinem Vertrauen auf die rus 
sische Freundschaft nötig gewesen sei. Die Haltung Rußlands 
zwinge, an die Zukunft zu denken und sich andere Mächte nicht 
zu Feinden zu machen für Fragen, in denen ein deutsches Interesse 
nicht vorliege. Diese Lage der Dinge sei bedauerlich, aber Deutsch 
lands vollständige Isolierung für die Zukunft dürfe nicht von Ruß 
lands Willen abhängig werden. 
Diese Gedankengänge sind für die Entwicklung der deutsch 
russischen Beziehungen und für die Entstehung des deutsch-öster 
reichischen Zweibundes maßgebend geworden 1 2 . 
Am 8. August 1879 berichtete der dem Kaiser Alexander II. 
auch menschlich nahestehende Botschafter v. Schweinitz an Bismarck 
über zwei Unterredungen, die er mit dem Zaren gehabt hatte 3 . 
Der Kaiser sei mehr als früher jetzt sein eigener Minister des Aus 
wärtigen, freier von fremden Einflüssen als sonst. Die bedrohlichen 
Vorgänge im Inneren hätten ihn aber abhängiger von der öffent 
lichen Meinung und um seine Popularität besorgter gemacht. Diese 
Popularität sei durch den letzten Krieg und die geringen Erfolge 
Rußlands auf dem Berliner Kongreß vermindert. Beim Hinaus 
reiten zu einem Manöver hatte der Zar sich zu Schweinitz darüber 
beschwert, daß Deutschland überall die Partei Österreichs nehme; 
dieses habe ohne große Opfer zwei Provinzen annektieren können, 
Rußland aber nur seinen alten bessarabischen Distrikt zurückbe 
kommen. „Wenn Sie wollen, daß die Freundschaft, welche hundert 
Jahre lang uns verbunden hat, fortdauere, dann sollten Sie dies 
ändern.“ Es sei ganz natürlich, daß sich in Rußland ein Gegen 
schlag vorbereite, das zeige schon die Sprache der Blätter; „cela 
finira d’une maniere tres serieuse“. (Das wird ein sehr ernstes 
Ende nehmen). 
Obwohl Schweinitz in seinem Berichte betonte, daß der Ton 
1 Or. Pol. Nr. 442. 
2 Vergl. hierzu die Urteile Kaiser Wilhelms II. („Ereignisse und Gestalten aus 
den Jahren 1878—1918“, S.9, „Aus meinem Leben 1859—1888“, S. 181). 
2 Gr. Pol. Nr. 443.
	        
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